Disney übernimmt Lucasfilm:Warum Mickey Mouse Darth Vaders neuer Chef wird

Für viele Fans ist bereits klar: Mit der Übernahme durch Disney wechselt Lucasfilm auf die dunkle Seite der Macht. Der Deal zeigt, wie sich die Filmindustrie verändert hat. Für Disney kann sich das Geschäft lohnen, "Star Wars"-Produzent George Lucas will vor allem sein Erbe retten.

Benjamin Romberg

Darth Vader scheint Spaß zu haben. Mit Sicherheit lässt sich das nicht sagen, sein Gesicht ist - natürlich - nicht zu sehen. Der Bösewicht aus der Star-Wars-Saga saust auf Dumbo, dem fliegenden Elefanten, durch die Luft, im Vorbeifahren winken ihm zwei Stormtroopers zu, die Soldaten des Imperiums. Nein, Dumbo ist nicht auf die dunkle Seite der Macht gewechselt. Die Szene spielt sich auf einem Karussell in Disneyland ab - und verbreitet sich gerade als eine von vielen Star-Wars-Disney-Parodien im Netz.

Es zeigt die Skepsis, mit der viele Star-Wars-Fans der Übernahme von Lucasfilm durch die Walt Disney Company begegnen. Für sie steht fest: Neue Star-Wars-Episoden unter der Aufsicht von Disney - das kann gar nichts werden.

Vier Milliarden Dollar zahlt Disney für die Filmproduktionsfirma von George Lucas, die mit "Star Wars" und "Indiana Jones" berühmt geworden ist. Gleichzeitig sichert sich der mit Zeichentrickfilmen bekannt gewordene Medienkonzern die Lizenzrechte an den erfolgreichsten Projekten von Lucas. "Star Wars: Episode 7" soll 2015 in die Kinos kommen, die Teile acht und neun sind bereits in Planung.

Warum zahlt Disney so viel für Lucasfilm? Die Firma stehe für "die außergewöhnliche Leidenschaft, Vision und Erzählkunst ihres Gründers", sagte der Disney-Vorstandsvorsitzende Robert Iger. So viel zum Pathos. Iger sagte aber auch: "Lucasfilm passt perfekt zu Disneys strategischen Prioritäten." Iger versucht, das Unternehmen vor allem durch Zukäufe voranzubringen.

2006 zahlte er mehr als sieben Milliarden Dollar für die Animationsfirma Pixar. 2009 übernahm Disney den Unterhaltungskonzern Marvel Entertainment, bekannt für Comicfiguren wie Spider-Man oder Hulk, für mehr als vier Milliarden Dollar. Aus Sicht des Analysten Brett Harriss von Gabelli & Co geht Disneys Strategie auf: "Aus einer etablierten Gruppe von Dauerbrenner-Figuren und -Lizenzen wird ein Medienkonglomerat mit Vertriebsmöglichkeiten, wie es sie nirgendwo sonst gibt", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.

Disney-Chef Iger setzt vor allem auf die Fortsetzungen der Star-Wars-Saga. "Wir stellen uns als Unternehmen besser, wenn wir eine Fortsetzung von "Star Wars" herausbringen als irgendeinen anderen noch nicht beschlossenen Film", sagte er. Er habe bereits vor anderthalb Jahren mit Lucas über eine mögliche Übernahme gesprochen.

Igers Haltung steht stellvertretend für die abnehmende Risikobereitschaft in der Filmindustrie: Die Firmen setzen auf bekannte Stoffe, von denen sie sicher sein können, dass sie nicht floppen (Spider-Man). Erfolgreiche Formate werden zu mehreren Teilen ausgebaut (Twilight, Harry Potter).

Die sechs bisherigen Star-Wars-Filme haben 4,4 Milliarden Dollar an den Kinokassen eingespielt. Disney hofft, an den Erfolg anknüpfen zu können und vor allem Teenager mit den neuen Episoden vor die Leinwände zu locken. Eine zusätzliche Einnahmequelle bieten die Franchiseprodukte, beispielsweise Spielzeug, vertrieben von Firmen wie Hasbro und Lego.

Lucas gibt sein Erbe weiter

Bleibt noch die Frage: Was erhofft sich Lucas von dem Deal? Der Gründer und bisherige Vorstandsvorsitzende gibt seine Macht an Kathleen Kennedy ab. Sie war bislang seine Stellvertreterin bei Lucasfilm und wird die neue Firma als Präsidentin leiten - unter der Aufsicht von Disney. In einem gemeinsamen Interview, das bei Youtube zu sehen ist, erklärt der 68-Jährige Lucas: "Ich tue das, damit die Filme ein längeres Leben haben." Er wolle "Star Wars" an eine neue Generation von Filmemachern weiterreichen.

Natürlich ist das Geschäft für Lucas finanziell attraktiv: Er steigt durch den Deal zu einem der größten Aktionäre bei Disney auf. Ihm geht es wohl aber auch darum, sein Erbe zu schützen - sein Vermächtnis ist sicherer unter dem Dach eines international erfolgreichen Medienkonzerns.

Den großen Filmstudios geht es nicht gut. Die einstige Traumfabrik Hollywood ist für viele Produzenten zum Albtraum geworden. Die Produktionskosten - beispielsweise für 3-D-Filme - steigen, gleichzeitig sinken die Einnahmen, weil weniger Menschen ins Kino gehen.

Sogar ehemals glanzvolle Produktionsfirmen wie Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) haben Probleme. MGM musste 2010 Insolvenz anmelden. Bei der Finanzierung des neuen Bond-Films "Skyfall" war das Unternehmen auf Investoren angewiesen. Product-Placement, das Bewerben von Produkten in Filmszenen, ist der Grund dafür, dass James Bond nun Bier trinkt.

Immerhin ein Trost für aufgebrachte Star-Wars-Fans: Auf solche Einnahmequellen ist Darth Vader unter seinen neuen Chefs wohl nicht angewiesen.

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