Diskussion um drittes Hilfspaket:Kauder will EU-Mittel für Griechenland

Finanzminister Wolfgang Schäuble bekannte in dieser Woche plötzlich: Ja, es wird weitere Kredite für Griechenland geben. Unionsfraktionschef Kauder schlägt jetzt vor, dem klammen Staat Geld aus dem Haushalt der Europäischen Union zu zahlen.

Erst vor wenigen Tagen hat Bundesfinanzminister Schäuble öffentlich zugegeben, dass Griechenland ein weiteres Hilfspaket brauchen wird. Damit hatten Experten ohnehin gerechnet, aber es war das erste Mal, dass sich Schäuble derart konkret äußerte.

Volker Kauder, Chef der CDU/CSU Bundestagsfraktion schlägt nach einem Bericht des Spiegel jetzt vor, den Griechen Geld aus dem Strukturfonds der EU zu zahlen. Denkbar sei für ihn, "dass die Griechen Geld aus dem Strukturfonds der Europäischen Union bekommen, ohne ihren Eigenanteil voll einbringen zu müssen". Bereits Mitte der Woche war bekannt geworden, dass Athen Gelder aus dem EU-Haushalt erhalten könne. Kauder betonte aber gleichzeitig: "Einen Schuldenschnitt wird es auf keinen Fall geben".

Außerdem kritisierte Kauder die nach den Äußerungen von Schäuble entbrannte Diskussion zwischen den Parteien: "Durch die Debatte der vergangenen Tage ist deutlich geworden, wie es mit Griechenland weitergehen könnte. Ob sie die Reformanstrengungen in Griechenland nun gefördert hat, ist eine andere Frage", sagte Kauder dem Nachrichten-Magazin.

Vor allem Altkanzler Schröder warf er vor, mit seinen verbalen Angriffen zu weit gegangen zu sein. Der Altkanzler hatte die Bundesregierung angeklagt, sie täusche ihre Wähler über die wahren Kosten der Euro-Rettung: "Schröder muss gerade reden! Er war es doch, der die Griechen in die Euro-Zone gebracht hat. Wenn Schröder jetzt die Bundesregierung wegen Griechenland kritisiert, dann ist das so, als ob jemand einen Unfall baut und dann die Rettungskräfte beschimpft."

CSU-Chef Horst Seehofer pflichtete Kauder bei: "Wir brauchen jetzt nicht für das Jahr 2015 über Hilfszusagen diskutieren", sagte er dem Spiegel. "Das führt nicht dazu, dass der Reformeifer in Ländern wie Griechenland beflügelt wird."

"Kleiner zweistelliger Milliardenbetrag"

Schäuble selbst hat sich in der Debatte mit der Nennung von konkreten Summen für das dritte Hilfspaket bisher zurückgehalten. EU-Energiekommissar Günther Oettinger zeigte sich da offener: Das Paket werde deutlich kleiner ausfallen als die vorherigen. Er rechne mit einem kleinen zweistelligen Milliardenbetrag für die Jahre von 2014 bis 2016, sagte Oettinger der Zeitung Welt am Sonntag.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hält jedoch nicht viel von solchen Äußerungen: "Das ist viel zu früh", sagte er gegenüber dem Magazin Wirtschaftswoche. Vor allem bei einem möglichen zweiten Schuldenschnitt gehen die Meinungen stark auseinander: Anders als Oettinger schließt Schäuble genau wie Kauder einen Schuldenschnitt, der auch die deutschen Steuerzahler belasten würde, bisher kategorisch aus. So eine Debatte sei "irreführend und gefährlich für das Vertrauen in die Eurozone und damit in die Stabilität derselben". Dem Handelsblatt sagte er deutlich: "Never again!".

Anfang 2012 gab es bereits einen Schuldschnitt in Griechenland. Damals hatten die privaten Gläubiger des Landes auf 53 Prozent ihrer Forderungen verzichtet - mehr als 100 Milliarden Euro. Mittlerweile liegt der Großteil der Schulden jedoch bei der EZB und den Euro-Partnern.

Oettinger hält Finanzminister Schäuble dennoch entgegen, dass, auch wenn ein Schuldenschnitt im bevorstehenden Hilfspaket nicht vorstellbar sei, er eben "nicht für alle Zeiten ausschließbar" wäre. Der ehemalige Chefsvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, wird sogar noch deutlicher. Er hält einen Forderungsverzicht für unvermeidbar. Trotz des ersten Schuldenschnitts und weiterer Erleichterungen habe der Schuldenstand Ende 2012 bei 157 Prozent der jährlichen Wirtschaftskraft (BIP) gelegen: "Angesichts fortbestehender ökonomischer und politischer Risiken ist die wirtschaftliche Schuldentragfähigkeit meines Erachtens nicht gewährleistet."

"Kein Blanko-Scheck"

Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Quote bei 80 Prozent des BIP, die EU-Obergrenze beträgt 60 Prozent/BIP. "Allein die Finanzierungslücke im Haushalt 2014 von über zehn Milliarden Euro wird zusätzliches Geld insbesondere der europäischen Partner erfordern", sagte Stark. Dies würde den Schuldenstand erhöhen, was den Forderungsverzicht nötig mache.

SPD-Parteichef Sigmar Gabriel warf der Bundesregierung unterdessen vor, trotz der gegenteiligen Beteuerungen werde heimlich an einem Schuldenschnitt gearbeitet. Der Politiker forderte deshalb vor weiteren Hilfen einen "internen Lastenausgleich" in Griechenland: "Es darf nicht sein, dass griechische Superreiche nichts zur Hilfe für ihr Land beitragen, obwohl viele von ihnen ja das Land richtig ausgeplündert haben", sagte er der Passauer Neuen Presse.

Auch Bundesaußenminister Westerwelle brachte sich in die Diskussion ein: Er warnte vor zu frühen Zusagen an die griechische Regierung. Es dürfe keine "Blankozusagen" geben, sagte Westerwelle (FDP) den Kieler Nachrichten.

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