Digitalisierung:Neue Versicherer drängeln sich

Nach Element und Ottonova bringt der Makler Wefox jetzt den Liechtensteiner Anbieter One auf den Markt. Der Rückversicherer Munich Re leistet wertvolle Hilfestellung.

Von Herbert Fromme, Köln

In den Versicherungsmarkt kommt Bewegung. In der vergangenen Woche hat der frisch gegründete private Krankenversicherer Ottonova das Geschäft aufgenommen. Vor drei Monaten startete der Berliner Start-up-Konzern Finleap die Versicherungsgesellschaft Element. Noch in diesem Jahr soll der Anbieter Flypper den Geschäftsbetrieb aufnehmen. Und in dieser Woche nun will auch das digitale Makler-Start-up Wefox, früher Financefox genannt, den digitalen Versicherer One vorstellen.

Alle Gesellschaften setzen auf digitale Geschäftsprozesse. Statt Sachbearbeitern lassen sie Algorithmen werkeln, die Kosten bleiben entsprechend niedrig. Für die Kunden soll es bequemer werden. Sie verkaufen ihre Policen vor allem über das Internet, Verwaltung und Schadenbearbeitung werden über Programme organisiert.

Damit hat die Veränderung in der Versicherungswirtschaft eine neue Stufe erreicht. Jahrelang konzentrierten sich die Angreifer in der Branche, die sich selbst Insurtechs nennen - vom englischen Insurance für Versicherung und Tech für Technologie - auf die Rolle als Versicherungsvermittler. Knip, Clark, Getsafe, Getsurance, Finanzchef 24 und viele andere wollten traditionelle Vermittler ersetzen und mit digitalen Ordnern und einfachem Online-Abschluss bei jungen Kunden punkten. Alles sollte einfacher und möglichst billiger werden. Die Versicherung selbst, also die Bewertung von Risiken, die Preisfestsetzung und die Schadenbearbeitung, überließen sie den etablierten Anbietern.

Die Angreifer brauchen Lizenzen der Aufsichtsbehörden

Das ändert sich jetzt. Ottonova, Element, Flypper und One sind Versicherer, übernehmen selbst Risiken und benötigen entsprechende Lizenzen der Finanzaufsicht Bafin beziehungsweise anderer EU-Aufsichtsbehörden.

Der Vorstoß von Wefox mit seinem neuen Versicherer One ist besonders bemerkenswert. Der elektronische Makler Wefox wurde 2014 als Financefox in der Schweiz gegründet und ist seit 2015 in Deutschland aktiv. Gründer Julian Teicke, Sohn des einstigen AWD-Vorstands und Wefox-Deutschlandchefs Hartmut Teicke, fand rasch kapitalkräftige Geldgeber. Zu ihnen gehören der chinesische Milliardär Li Ka-Shing und das US-Softwarehaus Salesforce.

Salesforce ist einer der größten Anbieter von Programmen für den Online-Verkauf von Produkten und Dienstleistungen und möchte auch in der Online-Versicherung eine Rolle spielen. Die Wefox-Plattform läuft vollständig auf der Salesforce-Plattform.

Julian Teickes Geschäftsmodell unterscheidet sich deutlich von dem anderer Insurtechs. Er sucht die Nähe zu traditionellen Maklern und bietet ihnen eine neue digitale Heimat an - gegen einen ordentlichen Anteil an der Provision können sie ihre Verträge bei Wefox digital verwalten, den Zugriff der Kunden organisieren und so mit rein digitalen Anbietern mithalten. 300 Makler in Deutschland haben sich bislang angeschlossen, sagt Teicke, dazu 250 in der Schweiz und Österreich. Die Zahl der Endkunden gibt er mit 125 000 in den drei Ländern an.

Gleichzeitig schmiegt sich Teicke eng an traditionelle Versicherer an. Mit Ergo, Barmenia und VHV unterhält er "Innovationspartnerschaften". Weitere Anbieter sollen folgen.

Doch jetzt kommt er plötzlich mit einem eigenen Versicherer auf den Markt. One soll im September den Geschäftsbetrieb aufnehmen. "Das ist kein Widerspruch zu unserem Kooperationsmodell", betont Teicke. One werde Vorbild für die Partner sein, sie können alle dort entwickelten Programme und Neuerungen übernehmen. "Es ist eine gläserne Manufaktur", sagt er.

Die Munich Re gewährt der neuen Firma Rückversicherung

One wird zunächst lediglich Hausrat- und Haftpflichtdeckungen anbieten, andere Sparten sollen später folgen. Den Geschäftsbetrieb will das Unternehmen im September 2017 aufnehmen."Alle Abläufe sind digitalisiert", sagt er. Kunden könnten bei One innerhalb von drei Minuten einen Vertrag abschließen. Schäden sollen sie mit dem Smartphone melden, rund 60 Prozent aller Schäden will das Start-up automatisch und sofort regeln. Wer schadenfrei bleibt, soll einen Teil der Prämie zurück bekommen.

One hat seinen Sitz in Liechtenstein und damit eine Lizenz für die gesamte EU und für die Schweiz. Als Kapital erhält das Unternehmen zehn Millionen Euro von den Wefox-Aktionären, plus 3,6 Millionen Euro für den Versicherungsbetrieb.

Nun sind zehn Millionen Euro nicht sehr viel, damit könnte One nur in geringer Höhe Versicherungsrisiken übernehmen. Aber der neue Versicherer hat Unterstützung, die Munich Re gewährt Rückversicherung. Allein diese Tatsache sichert dem Start-up One viel Aufmerksamkeit im Markt. Mit der Unterstützung der Munich Re kann One auf deren Kapitalstärke zurückgreifen. Munich Re-Manager Tobias Sonndorfer sitzt im One-Verwaltungsrat.

Teicke wird künftig als Chef der Wefox-Gruppe agieren. One wird von Stephan Ommerborn geleitet, der lange beim Versicherer Zurich tätig war.

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