Digitaliserung:Bitkom-Chef: "Die Digitalisierung wartet nicht auf Deutschland"

Achim Berg Bitkom Digitalisierung

Bitkom-Präsident Achim Berg wirbt für seine Vision "Digital für alle".

(Foto: Jens Kalaene/dpa)
  • Der Chef des Branchenverbands Achim Berg beklagt die Tatenlosigkeit der Bundesregierung beim Breitbandausbau.
  • Die deutsche Wettbewerbsfähigkeit sei in Gefahr.
  • Ein Ministerium für Digitalisierung lehnt er dennoch ab.

Von Caspar Busse

Die schleppende Regierungsbildung in Berlin gefällt Achim Berg gar nicht. Er ist neuer Chef des Branchenverbands Bitkom, in dem rund 2500 deutsche Unternehmen der Digitalindustrie vertreten sind. Der Zusammenschluss warnt vor ernsten Konsequenzen für die Wettbewerbsposition Deutschlands. "Es gibt ja noch eine geschäftsführende Bundesregierung, die sich auch sehr bemüht. Aber die großen Themen stehen still, sei es der Digitalpakt oder der Breitbandausbau. Das schmerzt sehr", sagt Berg. Die Konsequenz sei, dass das Land mindestens ein Jahr verliere. "Die Zeit haben wir aber nicht. Die Digitalisierung wartet nicht auf Deutschland oder darauf, dass in Berlin endlich eine Regierung gebildet wird", so Berg. Und er fügt an: "Dass die Parteien keine Regierung hinbekommen in einer so wichtigen Zeit, das ist ja fast Sabotage am Wirtschaftsstandort Deutschland."

Die Wirtschaft boome, das Land sei nahe der Vollbeschäftigung und brauche dringend neue digitale Impulse. "Und ausgerechnet jetzt steht alles still, offenbar geht es uns zu gut", kritisiert Berg. Deutschland sei bei der Künstlichen Intelligenz, beim autonomen Fahren oder bei der Blockchain-Technologie vorne dabei, die meisten Patente kämen derzeit aus der Bundesrepublik. Aber es bestehe "die massive Gefahr, dass wir diesen Vorsprung einbüßen", warnt Berg. Andere Staaten steckten auch viel Geld in diese Felder. Ein eigenes Digitalministerium lehnt Berg aber ab. "Damit höhlen Sie alle anderen Ministerien aus. Sinnvoll wäre ein Staatsminister für Digitales im Bundeskanzleramt - mit Zustimmungsvorbehalt", so Berg.

Schnelles Netz für Schulen

Eine neue Vision solle jetzt den Titel "Digital für alle" tragen. Bis 2025 müsse jeder in Deutschland Zugang zu Gigabit-Internet haben. Bis 2020 schon müssten alle Gewerbegebiete und alle Schulen angeschlossen sein. Außerdem soll die Zahl der Lehrer verdoppelt werden. Die dafür zur Verfügung stehenden Mittel seien derzeit aber blockiert.

Berg ist seit Sommer Chef des Digitalverbandes Bitkom, er hat zuvor unter anderem für die Deutsche Telekom, für Microsoft und für Bertelsmann gearbeitet und ist jetzt für den Münchner Finanzinvestor General Atlantic tätig.

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