Digitale Währung Bitcoin:Kollektiv geschürft

Bitcoins herzustellen wird immer aufwändiger - und damit teurer. Schürfer der digitalen Währung schließen sich daher zusammen, Ingenieure entwickeln Hochleistungs-Computer - und Unternehmen versuchen, damit Millionen zu verdienen.

Bitcoins sind in den vergangenen Monaten immer mehr zum Spekulationsobjekt geworden, der Kurs der digitalen Währung schwankt enorm. Die europäischen Bankenaufseher haben bereits vor Bitcoins gewarnt - Verbraucher könnten viel Geld verlieren. Viele Bitcoin-Schürfer hingegen glauben, damit sehr viel verdienen zu können.

Das Schürfen der virtuellen Währung findet statt, indem Computer komplexe Rechenaufgaben lösen. Doch der Schwierigkeitsgrad der Algorithmen steigt und verlangt zunehmende Rechenkapazitäten, vor allem immer schnellere Computer-Chips. Deswegen schließen sich mittlerweile mehrere Bitcoin-Schürfer zusammen.

Einer von ihnen ist Joel Flickinger. Er schürft Bitcoins in Vollzeit und gehört der Mining-Gruppe Give Me Coins an. Der gelernte Software-Ingenieur hat für zwei speziell angefertigte Computer und ein älteres Modell im Keller mehr als 20.000 Dollar ausgegeben. Bloomberg Businessweek berichtet in seiner aktullen Ausgabe über Flickinger.

Seine Rechner laufen ununterbrochen, erzeugen genug Wärme, um sein Haus zu heizen, und verbrauchen für 400 Dollar Strom im Monat. "Damit kann man echtes Geld machen", sagt der 37-Jährige. Er rechnet damit, dass ihm seine zwei schnellsten Computer dieses Jahr 150.000 Dollar einbringen werden. "Das nimmt viel Zeit in Anspruch, aber ich habe keine Kinder. Ich habe kein Leben. Ich habe eine Katze."

Das Bitcoin System besteht seit 2008. Die Geldmenge der Währung ist auf 21 Millionen Einheiten begrenzt, etwa die Hälfte davon befindet sich im Umlauf. Die Geldschöpfung basiert auf immer schwierigeren Rechenrätseln, sodass die letzten Bitcoins wohl frühestens im Jahr 2140 erzeugt werden.

Derzeit können etwa alle zehn Minuten 25 Bitcoins geschürft werden. Bei einem Kurs von 1000 Dollar je Bitcoin kommen so 25.000 Dollar zusammen. Die frischen Bitcoins gehen an den, der die Aufgabe zuerst löst. Das Mining gleicht also einem weltweiten Wettrennen um mathematische Lösungen, das mehrmals pro Stunde neu startet.

Einzelne Schürfer werden verdrängt

Seit 2010 sind die Rechenaufgaben für normale Desktop-Computer zu schwer geworden. Schürfer brauchen leistungsfähigere Systeme mit schnellen Grafikprozessoren, die zum Beispiel für Video-Spiele oder wissenschaftliche Forschung benutzt werden. Oder sie schließen sich zu Gruppen zusammen, verteilen die Aufgaben gleichzeitig an Dutzende Computer und teilen den Gewinn unter den Teilnehmer nach ihrem Rechenbeitrag.

Chip-Ingenieure treibt die Aussicht auf hohe Gewinne ebenfalls an. Sie wetteifern untereinander, wer die leistungsstärkeren Chips herstellt, um Bitcoin-Algorithmen schnellstmöglich zu knacken. "Kein Rüstungswettlauf in der Geschichte der Chip-Branche kommt an das heran", sagt Ravi Iyengar, der schon für mehrere Elektronikunternehmen wie Intel und Samsung gearbeitet hat. Er kündigte seine Stelle, als er von der virtuellen Währung erfuhr, um seine Erfahrungen im Wettstreit mit anderen Bitcoin-Startups zu nutzen.

Iyengar leitet nun eine eigene Firma und bietet künftig zwei Computerdesigns an, die auf Bitcoin-Mining ausgerichtet sind - Vorverkäufe belaufen sich bislang auf 20 Millionen Dollar. Auch andere Startups verdienen mit Bitcoins Geld, indem sie spezielle Hochleistungscomputer verkaufen. In ihnen sind die besonders leistungsfähigen Chips verbaut. Sie sind dazu gedacht, eine bestimmte Funktionen extrem schnell auszuführen - anders als die vielseitig ausgelegten Chips in herkömmlichen PCs. Ein starker Chip kann bis zu 70.000 normalen Chips entsprechen.

Einige Unternehmer im Silicon Valley träumen längst davon, einen superschnellen Computer zu entwickeln, der alle anderen schlägt - um damit die weltweit größte Bitcoin-Mine aufzubauen. Sie würden damit wahrscheinlich den Markt dominieren und einzelne Schürfer verdrängen.

Eigentlich, findet der Unternehmer Chris Lars, "sollte Mining eine demokratisierte Sache sein, aber es ist jetzt nur noch den Eliten der Eliten zugänglich". Lars führt das Startup Ripple-Labs und hat selbst eine digitale Währung entwickelt. "Eine Schar brillanter Ingenieure bringt Gelder für Mining-Ausrüstungen auf, da können normale Leute nicht mithalten."

Linktipp: Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Bitcoins.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: