Dieselskandal:Neuer Audi-Chef will aufräumen

Audi - Bram Schot

Obwohl eigentlich nur Übergangs-Chef, hat Bram Schot einiges mit Audi vor.

(Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Nach langen Diskussionen ist Bram Schot zum Übergangschef von Audi ernannt worden.
  • Der Niederländer hat angekündigt, den Diesel-Skandal bis Ende Juli vollständig aufzuklären.
  • Gegenüber den Behörden und auch den Schwestermarken von VW solle bis dahin abschließend geklärt sein, wo manipuliert wurde.

Von Max Hägler

Wer als Interimschef berufen wird und dazu erst nach einigen Diskussionen, der könnte einen Job nach Stechuhr machen: Nicht zu viel anstrengen, nicht zu sehr verkämpfen, denn in absehbarer Zeit muss man sowieso wieder gehen. Bram Schot ist Interimschef - und zwar bei Audi. Er ist der Ersatz für den in Haft genommenen Rupert Stadler. Doch von Zurückhaltung ist bei ihm nicht viel zu spüren. Der 56-Jährige will aufräumen, den Dieselskandal zügig beenden. Endgültig.

Die Eigentümerfamilien setzten zunächst eher auf seinen Kollegen aus der Finanzabteilung. Erst am Dienstagmittag stand dann fest: Der 56 Jahre alte Niederländer und Vertriebsfachmann soll einstweilen den die Führung bei Audi übernehmen. Sein Jobantritt war gleich mit der Ansage: Auf Dauer macht Schot das eher nicht.

Doch so klar ist die Sache nicht, weil sie im VW-Konzern, so groß er auch sein mag, wenige Manager haben, die zum Chefsein taugen - und die unbelastet sind vom Dieselskandal. Zudem gibt Schot eine deutliche Linie vor, die den "Audianern" fürs Erste zu gefallen scheint. Während er nach außen nichts sagte, schrieb Schot direkt nach seiner Berufung einen Einseiter an die 90 000 Mitarbeiter. Das Schreiben liegt der Süddeutschen Zeitung vor. "Uns alle und auch mich persönlich" habe die Verhaftung von Rupert Stadler "tief getroffen", leitet er ein.

In dem Brief ist nicht wie sonst oft bei Audi die Rede von großen Visionen, es ist eher ein pragmatischer Aufruf zum "Tun, was wir versprechen" - denn nur dann gelte der Slogan "Vorsprung durch Technik" wirklich. Es gelte, große Taten zu schaffen, "statt große Worte zu machen". Und: Man müsse mehr miteinander reden, zuhören, denn, so der gebürtige Niederländer Schot: "Unser Unternehmen trägt das Zuhören schon im Namen: Nehmen wir diese Aufforderung wortwörtlich!"

"Ich verspreche Euch: Ich bin für Euch da."

Trotz des pragmatischen Ansatzes klingt Pathos durch, wenn er von den turbulenten Zeiten schreibt, in denen er nun führen müsse: "Ich verspreche Euch: Ich bin für Euch da." Der nahbare Niederländer wählte die zweite Person zur Anrede, das Du, das Ihr. Das ist kein Gehabe. Leute, die ihn lange kennen, sagen: So ist Bram Schot, der packt an, ohne Berührungsängste, auch wenn er auf Bühnen so zurückhaltend wirkt mit seiner auf die Nase geschobenen Brille. Einige Hundert Mitarbeiter nahmen die Aufforderung jedenfalls ernst und antworteten dem Interimschef sogleich direkt. Weil der sich offenbar nicht nur als Notnagel und Verwalter fühlt, antwortete er jedem Einzelnen, heißt es. Zwei Nächte lang.

Am Freitag machte er weiter, bei einem Treffen mit der zweiten und dritten Management-Riege am Hauptsitz des Konzerns in Ingolstadt. Audi brauche jetzt "wieder Audianer und keine Fraktionen", rief er den gut 100 Mitarbeitern zu. Wo sich Rupert Stadler in den vergangenen zwei Jahren in die Zukunft flüchtete, begeistert schicke Präsentationen vorführte, da schlägt Schot zumindest für den Moment eine andere Linie ein. Reden ja, - aber "diskutieren wir Sachverhalte nicht zweimal", mahnt er.

Man kann das als Kritik verstehen: Über die Lösung der manipulierten Diesel-Autos diskutieren sie schon seit zweieinhalb Jahren, immer aufs Neue. Mit dem Topmanagement und den Arbeitnehmervertretern will er etwa rasch über die aktuell herausfordernden Prüfungen für den neuen Verbrauchsstandard WLTP sprechen - und nicht so sehr über Roboterautos. "Denn wir alle wollen für ein gut geführtes, ehrliches und offenes Unternehmen arbeiten", schreibt er den Mitarbeitern. Und bis Ende Juli will er tatsächlich beim wichtigsten Thema aufgeräumt haben, heißt es aus seinem Umfeld: dem Abgasskandal.

Die Herren aus früherer VW-Zeit blockierten weiterhin jede wirklich Aufklärung

Gegenüber den Behörden und auch den Schwestermarken solle bis dahin abschließend geklärt sein, wo manipuliert wurde. "Er geht ins Gericht mit der Vergangenheit", heißt es aus Kreisen des Interims-Chefs, der erst seit zehn Monaten bei Audi ist und davor für Nutzfahrzeuge im VW-Konzern verantwortlich war und auch als Italienchef für Daimler gearbeitet hatte.

Das scheint ein ambitionierter Wunsch zu sein. Denn Audi-Aufsichtsräte beklagten in dieser Woche nach den Kontrollsitzungen: Die an der Macht verbliebenen Herren aus früherer VW-Zeit blockierten weiterhin jede wirklich Aufklärung. In der Folge erführen sie weiterhin eher aus der Zeitung von neuen Entwicklungen, als dass dies im Gremium vorab offen präsentiert werde.

In den Aufsichtsratssitzungen am Montag und Dienstag habe sich das abermals gezeigt. Der geschasste Vorstandschef Matthias Müller habe sich letztlich vergeblich abgearbeitet am Öffnen der VW-Wagenburg, sagt einer. Sein Nachfolger, VW-Chef und Audi-Aufsichtsratschef Herbert Diess, der Schot berufen hat, scheine das auch zu versuchen - aber ob das wirklich gelinge sei nicht klar. Auch nicht in dieser Woche, die eine so große Zäsur für Audi und VW ist. Und Schot - was könne der erreichen? "Mit dem ist es wenigstens einer mehr, der eher für Transparenz steht."

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