Dieselskandal:Audi stoppt Auslieferung

Eigentlich wollte Rupert Stadler an diesem Dienstag stolz über die großen Zukunftspläne bei Audi berichten. Doch dann musste die Produktion neuer Dieselautos gestoppt werden, darunter die beliebten Modelle A6 und A7.

Von Max Hägler und Klaus Ott

Es sollte mal eine gute Woche für Audi werden. Am Dienstagmorgen hatte Audi-Chef Rupert Stadler Journalisten zu einer Telefonkonferenz geladen - es ging um die neue Elektro-Strategie seines Unternehmens. Die Mobilität der Zukunft sei eine andere als die der Gegenwart, sagte er, und Audi sei dabei das "neue Premium". Ein Drittel seiner Autos will Audi im Jahr 2025 elektrifiziert haben. Eine kämpferische Ansage, denn die Konkurrenten BMW und Daimler planen zurückhaltender, gehen von höchstens einem Viertel aus. Jetzt also Audi, die Firma, die bislang kaum jemand mit Elektromobilität in Verbindung bringt. Es sind schöne Worte, die nach vorne weisen und für gute Schlagzeilen zur Hauptversammlung an diesem Mittwoch sorgen sollten.

Endlich mal Schwung reinbringen, dachte sich Stadler wohl, der in den vergangenen Monaten immer wieder angezählt worden war, weil sein Unternehmen im Mittelpunkt der Dieselkrise steht.

Und doch kam der Tag ganz anders. Die Vergangenheit und die Gegenwart, also der Dieselbetrug, bestimmen weiterhin das Unternehmen. Schon in der Früh deutete sich das an.

Die Süddeutsche Zeitung hatte Hinweise darauf, dass wieder einmal manipulierte Audi-Diesel gefunden wurden. Konkret sollen manche Audi A6 und A7 eine Betrugssoftware an Bord haben. Das Aufsichtsratspräsidium des Audi-Mutterkonzerns VW soll sich bereits am Freitagabend damit beschäftigt haben. Auf den neuen Verdacht angesprochen sagte Stadler an diesem Dienstagmorgen allerdings: "Wir arbeiten weiter ab." Es gebe auch sonst nichts mehr zu sagen. Punkt. Es kam dann doch ganz anders. Mal wieder, wie so oft bei Audi.

Am Dienstagmittag haben dann erstmals anstatt seiner andere auf die Frage nach Manipulationen geantwortet. Das Bundesverkehrsministerium teilte auf SZ-Anfrage mit, dass das nachgeordnete Kraftfahrtbundesamt (KBA) eine amtliche Anhörung "wegen des Verdachts einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei Audi V6-TDI-Fahrzeugen der Modelle A6/A7" eingeleitet habe. Davon sind in Deutschland etwa 33 000 und weltweit insgesamt etwa 60 000 zugelassene Fahrzeuge mit 200-Kw-Motoren betroffen; diese müsse man zu den bisher bereits bekannten 850 000 Dieselfahrzeugen rechnen, die ein Software-Update benötigen.

Wie es bei Audi nun heißt ist der Verkauf der Autos aufgrund der Prüfung gestoppt worden. Damit ist auch ein besonderes Problem beschrieben: Während die Manipulationsvorwürfe der vergangenen zwei Jahre hauptsächlich ältere Modelle betrafen, sind hier nun aktuelle Fahrzeuge betroffen. Die Wagen lassen im üblichen Straßenbetrieb dem Vernehmen nach die Abgasanlage auf Sparbetrieb laufen, damit das Abgasreinigungsmittel Adblue möglichst selten nachgefüllt werden muss. Dadurch steigen die gesundheitsschädlichen Stickoxid-Abgase. Wie Der Spiegel meldet, habe Audi dadurch versucht, das zu geringe Volumen von Adblue-Behältern zu beheben.

Die Volkwagen-Tochter Audi überprüft seit längerem alle möglichen Diesel-Varianten auf illegale Abschalteinrichtungen. Zuletzt hatte Audi-Chef Stadler davon gesprochen, dass das meiste abgearbeitet sei, es jedoch weiterhin Prüfungen gebe. Am Dienstag Nachmittag erklärte sich der Autohersteller übrigens doch noch, angesichts der Entwicklungen: Audi habe im Rahmen der internen Aufklärung "Auffälligkeiten in der Steuerungssoftware bei V6-Dieselmotoren" festgestellt. Dies sei dem KBA und der Luxemburgischen Zulassungsbehörde mitgeteilt worden. Stadler selbst ließ sich dann so zitieren: "Auffälligkeiten melden wir an die Zulassungsbehörde, da unser höchstes Interesse einer rückhaltlosen Aufklärung gilt. Das haben wir auch in diesem Fall unverzüglich getan."

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