Dieselaffäre:VW attackiert Ermittler nach Razzia

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Durften die Ermittler auch den Anwälten von Jones Day einen Besuch abstatten? Im Bild: Die Audi-Zentrale. (Foto: imago/imagebroker)

Denn Staatsanwälte haben in der Dieselaffäre offenbar nicht nur die Konzerntochter Audi durchsucht, sondern auch eine von VW beauftragte Anwaltskanzlei.

Von Max Hägler, München

Es war eine machtvolle Demonstration: 18 Staatsanwälte und 80 Polizisten rückten am Mittwochmorgen in drei Bundesländern aus, um herauszufinden, inwieweit der Autohersteller Audi in den Dieselskandal verstrickt ist. Neben der Konzernzentrale in Ingolstadt waren die bayerischen Staatsanwälte mit Unterstützung durch Beamte der jeweiligen Landeskriminalpolizei an sieben Orten unterwegs. Noch dauert die Razzia an, unter anderem werden etwa Computerdaten gesichert. Nun ist bekannt geworden, dass darunter auch die Kanzlei Jones Day war.

Pikant daran: Die Audi-Mutter VW hatte bald nach Bekanntwerden des Dieselskandals im September 2015 die US-Kanzlei beauftragt, die internen Prüfer zu unterstützen. Die Einbeziehung solcher externer Spezialisten ist ein übliches Vorgehen in solchen Angelegenheiten. Allerdings: Staatliche Ermittler bei einer Rechtsanwaltskanzlei? Das behagt dem Mandanten gar nicht. VW protestierte am Donnerstag heftig gegen die Durchsuchungen.

"In jeder Hinsicht inakzeptabel"

Das dürfte auch damit zu tun haben, dass die Kanzlei in den vergangenen eineinhalb Jahren alle möglichen Gespräche mit Zeugen und Beteiligten geführt hat und wohl sämtliche Unterlagen zur Entstehung des Skandals sammelte, an dem VW, aber auch die Tochter Audi beteiligt ist. Unter anderem Aussagen des früheren Konzernpartriarchen Ferdinand Piëch liegen den Juristen vor.

Der VW-Konzern hatte immer wieder davon gesprochen, die Unterlagen in einem Bericht zu bündeln und diesen zu veröffentlichen. Nachdem die US-Justiz ihrerseits im Januar einen langen Bericht veröffentlicht hatte, ist man davon abgerückt. Alles Wesentliche fände sich ja in den US-amerikanischen Dokumenten wieder.

Die Staatsanwaltschaft München II sieht das offenbar anders. Sie bestätigt zwar nicht die Durchsuchung der Kanzlei. Auch Jones Day äußerte sich nicht auf Anfrage. Allerdings hat VW selbst die Angelegenheit kommentiert. "Wir halten das Vorgehen der Staatsanwaltschaft München in jeder Hinsicht für inakzeptabel", teilte das Unternehmen mit und verwies auf die Haltung des Bundesverfassungsgerichts. Die Durchsuchung einer vom Unternehmen beauftragten Rechtsanwaltskanzlei verstoße "nach unserer Auffassung klar gegen die in der Strafprozessordnung festgeschriebenen rechtsstaatlichen Grundsätze". Und: "Wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln hiergegen vorgehen."

Auf den ersten Blick erscheint der Protest logisch. Ärzte, Rechtsanwälte, Journalisten, Pfarrer - Fallwissen und Unterlagen dieser Berufsstände sind unter Umständen besonders geschützt. Allerdings: Jones Day hat kein Mandat als Verteidiger in einem Strafprozess; das übernehmen andere Rechtsanwälte für VW. Die Kanzlei ist hier quasi beratend tätig, damit ist die Hürde vor Eingriffen durch den Staat niedriger. Zumindest das Landgericht Hamburg hat das vor einigen Jahren so gesehen: Alles, was private Sonderprüfer im Auftrag eines Unternehmens herausfinden, stehe den Behörden zu, urteilten sie in einem ähnlichen gelagerten Fall nach einer Razzia bei der HSH Nordbank.

© SZ vom 17.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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