Die Zukunft von Opel:Ein Mann setzt alles auf Magna

Der deutsche GM-Manager Forster spricht sich für einen Opel-Verkauf an den Zulieferer Magna aus - und riskiert damit seine Karriere.

K.-H. Büschemann u. H. Schwarz

Beim angeschlagenen Rüsselsheimer Autohersteller Opel formiert sich massiver Widerstand gegen mögliche Pläne des US-Autokonzerns General Motors (GM), die deutsche Tochter nicht wie vorgesehen zu verkaufen, sondern zu behalten. Sowohl Carl-Peter Forster, Aufsichtsratsvorsitzender von Opel und Chef des Europa-Geschäfts von GM, als auch der Vorsitzende des Opel-Gesamtbetriebsrats, Klaus Franz, stemmen sich vehement dagegen. Franz spricht von einer "großen Koalition" aus Management, Bundes- und Landesregierungen sowie Betriebsrat und Gewerkschaften. Sie alle seien der Meinung, der Verkauf an den Kfz-Zulieferer Magna, der gemeinsam mit russischen Partnern bei Opel einsteigen will, sei die richtige Lösung. "Die können sich nicht alle gleichzeitig irren", sagte Franz. Wer etwas vom Autobau verstehe, könne "zu gar keinem anderen Ergebnis kommen".

Am kommenden Dienstag steht eine möglicherweise entscheidende Sitzung des GM-Verwaltungsrats am Firmensitz in Detroit an, von der sich auch die Bundesregierung nach dem monatelangen Poker um Opel endlich eine Entscheidung erhofft. Kurz vor dieser Sitzung hat sich nun pikanterweise Forster aus der Deckung gewagt und in einer offenbar abgestimmten PR-Aktion in mehreren Mediengesprächen eindeutig seine Neigung zu Magna betont. Das hatte er zwar auch schon nach dem dramatischen Opel-Gipfel in Berlin kurz vor Pfingsten getan. Danach hat er aber wochenlang geschwiegen, weswegen seine Äußerungen vor der Verwaltungsratssitzung auffallen.

Sollte Magna doch den Zuschlag erhalten, will der Zulieferer an dem Manager festhalten und ihn zum neuen Opel-Chef machen. Schriftlich fixiert ist das aber dem Vernehmen nach nicht. Zusammen mit Magnas Co-Chef Siegfried Wolf war Forster allerdings Anfang Juni vor die Belegschaft im Werk Rüsselsheim getreten. Das war von den Mitarbeitern als klares Signal verstanden worden, dass Magna Forster halten will. Was Forster da noch nicht ahnen konnte, war GMs Absicht, eine weitere Bieterrunde zu starten, statt schnell Magna den Zuschlag zu geben.

Nicht mehr direkt eingebunden

In die Verhandlungen zwischen der Regierung in Berlin und GM ist Forster seither auf Wunsch der Amerikaner nicht mehr direkt eingebunden. Der Deutsche wird allerdings regelmäßig informiert. Dem Vernehmen nach war Forster "zwischen die Fronten" geraten. In Berlin hielten ihm Politiker vor, er müsse mehr für Opel tun. Bei GM in Detroit wurde er hingegen daran erinnert, dass er von dem US-Konzern bezahlt wird. Seine jetzige Medienoffensive sei daher "mit hohem persönlichen Risiko" verbunden, verlautet aus Firmenkreisen. Es sei gut möglich, dass Forster bei GM keine Zukunft mehr habe, sollte Opel doch an den US-Konzern zurückfallen. Der Manager, der vor seiner Zeit bei GM kurzzeitig im BMW-Vorstand saß, gibt sich gelassen, was seine persönliche Perspektive angeht. "Es geht nicht um mich, sondern um eine unternehmerische Perspektive für Opel", sagt er. "Was meine Person angeht, bin ich völlig entspannt - da müssen Sie sich keine Sorgen machen."

Forster hält allerdings den Verbleib von Opel bei GM für unwahrscheinlich. Denn in diesem Fall müsste der amerikanische Staat die Opel-Sanierung mit drei Milliarden Euro finanzieren, was er bisher stets abgelehnt habe. Der Manager hat zuletzt die Abnabelung forciert: Es seien organisatorische und strukturelle Maßnahmen vorangetrieben worden, um Opel aus dem Konzerngeflecht von GM herauszulösen, berichtet er.

Die Planungen für ein umfangreiches Abfindungsprogramm seien "im Prinzip" ebenfalls fertig, heißt es im Unternehmen. Dabei geht es um den Abbau von etwa 10000 der 50 000 Arbeitsplätze in Europa, davon zwischen 3000 und 4000 in Deutschland. Starten konnte Forster das Sparprogramm freilich bisher nicht, denn die Finanzierung für dieses teure Projekt ist noch nicht sichergestellt. Zudem bleibt die örtliche Aufteilung des Stellenabbaus teilweise noch offen, solange ungeklärt ist, wer bei Opel künftig das Sagen hat. Bei GM, Magna und dem anderen Bieter, dem Finanzinvestor RHJ International, gibt es unterschiedliche Vorstellungen dazu, wo wie viel eingespart werden soll.

Forster zufolge erleidet Opel in diesem Jahr einen Einbruch beim Absatz - trotz zusätzlicher Verkäufe durch die Abwrackprämie. Voraussichtlich wird der Jahresabsatz um etwa ein Fünftel auf 1,25 Millionen Autos schrumpfen; der Umsatz würde entsprechend auf 16 Milliarden Euro sinken. Beginnt der Arbeitsplatzabbau mit dem teuren Abfindungsprogramm noch in diesem Jahr, ist bei Opel mit einem Verlust vor Zinsen und Steuern von 2,4 Milliarden Euro zu rechnen.

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