Die Telekom und der Wettbewerb:Adieu, Bundespost

Die Telekom ist nicht mehr die gute alte Bundespost, wie sie manche gerne noch hätten - und das ist gut so. Denn als Monopolist hätte die Telekom die Preise kaum so stark gesenkt und das Mobilfunknetz nicht so schnell ausgebaut.

Ulrich Schäfer

Mit der Deutschen Telekom verhält es sich ein wenig so wie mit der Deutschen Bahn: Jeder kennt sie, jeder hat seine Erfahrungen mit ihr gemacht - und diese sind meist nicht die besten.

Die Telekom und der Wettbewerb: Magentarot statt postgelb: Das ist die heutige Realität für die Deutsche Telekom.

Magentarot statt postgelb: Das ist die heutige Realität für die Deutsche Telekom.

(Foto: Foto: dpa)

Die Geschichten sind stets die gleichen: Da warten Kunden wochen- oder monatelang darauf, dass ein Anschluss geschaltet oder eine Störung behoben wird. Da wissen Berater, die der Telekom-Kunde anruft, nur den Rat, sich doch bitte an eine andere Service-Nummer zu wenden, deren Mitarbeiter (wenn man sie erreicht) auch nicht wissen, wie sie helfen können.

Es ist schick, über die Telekom zu schimpfen, so wie man übers Finanzamt klagt oder über die GEZ, die die Rundfunkgebühren eintreibt.

Preis und Leistung

Manches davon mag übertrieben sein. Doch wenn jeden Monat mehr als 150.000 Kunden der Telekom adieu sagen, muss etwas daran sein, dass Preis und Leistung nicht zusammen passen. Und dass der Service nicht so perfekt ist, wie es peppige Anzeigen und Fernsehspots vorgaukeln.

Schlimmer noch leiden jene Menschen unter der Telekom, die einst an Manfred Krug und dessen frohe Botschaft geglaubt haben, die T-Aktie sei so sicher wie ein Sparbuch, werfe aber ein Vielfaches an Gewinn ab.

Fast zwei Millionen Deutsche glaubten dem netten Herrn Krug und dem netten Herrn Sommer (so hieß damals der Chef der Telekom). Sie kauften beinahe blind die T-Aktie und öffneten die Augen erst, als der Kurs des Papiers im Keller war, steil abgestürzt wie die gesamte New Economy.

Ein Volk von Verlierern

Die einstige Volksaktie hat ein Volk von Verlierern geschaffen, und nicht wenige Kleinanleger haben sich geschworen, nie wieder an der Börse zu investieren; den Telefonanschluss von der Telekom haben die meisten aber immer noch.

Wer dieses Unternehmen führen will, das die Deutschen so sehr bewegt, hat es also nicht leicht. Wie immer auch der Chef heißt, ob Ron Sommer, Kai-Uwe Ricke oder jetzt Rene Obermann, er muss sich nicht nur um schnöde Geschäftszahlen kümmern, um die Gunst der Kapitalmärkte und neue Produkte.

Nein, er muss sich auch mit all den Emotionen und Gefühlen auseinander setzen, die sich um seinen Konzern ranken. Er muss erdulden, dass jeder seiner Schritte von der Politik, den Medien, den Kunden (immer noch über 40 Millionen) und den Mitarbeitern (immer noch 248.000) argwöhnisch verfolgt wird, so wie auch beim nun verkündeten Sanierungsprogramm.

Schwieriges Erbe

Es ist ein Job, der jeden überfordert, weil man als Chef der Telekom nicht allen gerecht werden kann und zudem ein schwieriges Erbe verwaltet.

Adieu, Bundespost

Denn die Telekom ist nicht mehr die gute alte Bundespost, wie sie manche gerne noch hätten; dieser Staatsbetrieb ist längst dahin geschieden, zu Grabe getragen von der Regierung Helmut Kohl.

Die Bundespost war vor allem alt, aber nicht gut. Sie war eine riesige Behörde, kontrolliert von einer ganzen Regierung. Sie lieferte alle Briefe und Pakete aus, nicht unbedingt fix, aber es gab ja keine Alternative. Sie bot klobige Telefonapparate mit einem seltsamen Bedienelement an, das Kinder heute gar nicht mehr kennen: mit einer Wählscheibe.

Dichtes Netz

Das Netz der Postämter war einst ähnlich dicht wie heute das Netz der Mobilfunkantennen, trotzdem waren die Schlangen länger als jeder Stau auf der Datenautobahn.

Es war richtig, diesen Koloss aufzubrechen; ihn in eine Aktiengesellschaft zu verwandeln und an die Börse zu bringen; ihn zu rüsten für den Wettbewerb um neue Kommunikationsdienste.

Als Monopolist hätte die Telekom die Preise kaum so stark gesenkt. Wieso auch? Der Postminister hätte die überteuerten Gebühren ja garantiert. Als Monopolist hätte die Telekom auch das Mobilfunknetz nicht so schnell ausgebaut. Und das deutsche Internet wäre kaum breitbändig, sondern immer noch schmalbrüstig (und zudem für die meisten unerschwinglich), wenn nicht die Telekom und ihre Wettbewerber derart um Kunden buhlen würden.

Mächtig gestreckt

Die Telekom hat sich dabei mächtig gestreckt, sie hat sich verändert, ihre Mitarbeiter sind besser geworden, effektiver, aber vielfach noch nicht so effektiv wie bei der Konkurrenz.

Obermann will daher 50.000 Beschäftigte, vielleicht auch 55.000, in eine Billig-Tochter auslagern. Sie sollen länger arbeiten und weniger verdienen. Der Konzernchef muss sich als kaltherziger Manager beschimpfen lassen, der nur auf die Kosten schaut, nicht auf die Menschen. Doch Obermann vollzieht nur den nächsten Schritt auf dem Weg weg von der alten Bundespost.

Dieser Weg ist lang. Er wird erst in einigen Jahrzehnten enden, wenn auch die letzte Pension für einen Post-Beamten bezahlt wurde. Die Telekom wird bis dahin noch manchen Wundermann an der Spitze verschleißen. Sie wird sich auch manche böse Geschichte anhören müssen über mangelnde Kundenfreundlichkeit und angeblich unfähige Mitarbeiter.

Beruflicher Fehler

Manfred Krug hat sich vor ein paar Wochen dafür entschuldigt, dass er die T-Aktie angepriesen hat. Ein beruflicher Fehler sei das gewesen, vielleicht sein größter, und das tue ihm leid.

Auch der neue Telekom-Chef wird sich noch oft bei den Kunden dafür entschuldigen müssen, dass vieles nicht so läuft, wie sie es gerne hätten. Der Service wird sich dadurch noch keinen Deut verbessern, aber viele Bürger werden sich besser fühlen. Am Ende hilft das auch der Telekom.

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