Die neue Lässigkeit:Trinkspiele? Gern, aber bitte nicht mit Hut!

Braxton Carter, John Legere

Höttges könnte sich die Lässigkeit von T-Mobile-CEO John Legere (r.) abschauen. Der provoziert unter anderem mit seinen Pöbeleien via Twitter.

(Foto: Stuart Ramson/AP)

Bei der Telekom schätzen sie es, wenn Chefs keine Götter sind.

Von Varinia Bernau

Ausgerechnet Tim Höttges. Dabei war er doch unter all den deutschen Konzernchefs, die kürzlich bei der Vorlage ihrer Bilanz auf die Krawatte verzichtet haben, nicht nur der erste. Er trug diese neue Lässigkeit, um die sich die deutsche Führungsriege so sehr bemüht, auch sehr überzeugend. Allerdings: Inzwischen tritt selbst Eon-Chef Johannes Theyssen bei Präsentationen nicht mehr selbst auf die Bühne, sondern schickt einen mit iPad ausgestatteten Segway vor. Daimler-Chef Dieter Zetsche, immerhin der dienstälteste Dax-Chef, legt nun die Krawatte ab. Da muss man sich als oberster Techie etwas einfallen lassen. Also kam Höttges mit Krawatte, freute sich, dass dies registriert wurde und feixte: Die habe er extra angelegt. Er wolle ja keine Klischees bedienen.

Eine weitere Lektion in Lässigkeit hätte sich Höttges auch bei John Legere holen können. Der provoziert nicht nur mit seinen Pöbeleien via Twitter, sondern auch damit, dass er das US-Geschäft, lange Sorgenkind des Bonner Konzerns, ordentlich aufgemöbelt hat. Höttges nannte Legere mal eine "fucking legend", womit er wiederum seine eigene Lässigkeit betonte.

US-Kollege Legere hat bereits am vergangenen Freitag das erledigt, was Höttges an diesem Donnerstag machen musste: Analysten seine Bilanz erläutern. Cashflow, Capex, Churn-Rate. Ziemlich öde Angelegenheit. Legere entwickelte daraus ein Trinkspiel. Die Regeln: Jeder in seiner Führungsriege sollte reichlich Getränke mitbringen - und immer dann einen ordentlichen Schluck nehmen, wenn sich jemand erlaubte, was eben nicht erlaubt war. Zum Beispiel eine abgedroschene Floskel verwenden wie "auf den Kunden hören". Sollte US-Finanzchef Braxton Carter, bekannt für seinen Cowboyhut, einen magentafarbenen aufsetzen, musste man sogar zweimal trinken. Und er setzte ihn auf.

Wird es so etwas demnächst also auch in Bonn geben? Er habe sich erkundigt, bei den Kollegen gab es nur Kaffee und Cola, scherzte Höttges. Dann wurde er etwas nachdenklicher: "Wir mögen uns darüber lustig machen." Aber er habe höchsten Respekt davor. Auch vor den zwei Millionen Followern, die Legere auf Twitter hat, "weil Kunden nun mit dem Chef reden können und es viel Kraft erfordert, seinen Arbeitstag danach auszurichten." Diese Entmystifizierung des CEOs sei ihm durchaus sympathisch. Und ja, auch in Deutschland könnten sie davon lernen. Der deutsche Finanzchef Thomas Dannenfeldt wurde da schon ganz schummerig. Er könne durchaus noch etwas lockerer werden. "Aber bitte nicht diesen Hut!"

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: