Die nächste Herausforderung:Erst Detroit, nun Wolfsburg

Als einstiger Chrysler-Sanierer muss VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard jetzt dafür sorgen, dass Volkswagen wieder richtig Geld verdient. Die Produktion der Modelle Polo, Golf und Passat ist viel zu kostspielig.

Michael Kuntz

Sein erster großer öffentlicher Auftritt als Markenvorstand von Volkswagen verlief nicht besonders glücklich: Bei der Frankfurter Automesse IAA im vergangenen September präsentierte Wolfgang Bernhard das neue Eos-Cabriolet. Mit dem Zwitter aus Golf und Passat will VW an die einstigen Erfolge des legendären Oben-ohne-Käfers anknüpfen.

Die nächste Herausforderung: VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard.

VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard.

(Foto: Foto: ddp)

Bei der Auto-Enthüllung in der Frankfurter Messehalle vor einer vierzig Meter breiten Leinwand zeigte Bernhard weder die Showqualitäten amerikanischer Automanager bei ähnlichen Anlässen in Detroit noch die Leichtigkeit, mit der die Italiener in Turin ihren weit weniger spektakulären Fiat Grande Punto zum Weltereignis hochjubelten.

Ankündigung nicht eingehalten

Im Nachhinein wirkt es so, als habe Bernhard damals schon geahnt, dass er ein Auto für diesen Februar ankündigte, das es nun erst im Sommer geben wird, weil das neu entwickelte Faltdach noch nicht funktioniert, wie es sollte.

Umgekehrt kann man natürlich auch sagen, es war ein vernünftiger Schritt von Bernhard, die Auslieferung zu verschieben und die abschließenden Eos-Tests im Werk und nicht von den Kunden auf der Straße durchführen zu lassen.

Doch auch wenn Bernhard an diesem Donnerstag in Berlin erstmals den aus Teilen von Golf und Passat gebauten kleinen Geländewagen vorzeigt - die Präsentation neuer Autos ist nicht das Kerngeschäft des Wolfgang Bernhard.

Geholt für das zentrale Problem

Der 45-Jährige ist Anfang Mai vorigen Jahres Markenvorstand geworden, weil er das zentrale Problem von VW lösen soll: Autos wie Polo, Golf und Passat sind zwar beliebt bei den Käufern, ihre Fertigung ist in den deutschen Werken jedoch so teuer, dass sich mit ihnen kaum Geld verdienen lässt.

Der Sanierer Bernhard hat schon einmal gezeigt, dass er weiss, wie sich das ändern lässt. Zusammen mit dem heutigen DaimlerChrysler-Konzernchef Dieter Zetsche verwandelte er die Verlustfirma Chrysler in ein ertragsstarkes Unternehmen, das deutlich besser dasteht als seine Nachbarn in Detroit, General Motors und Ford.

Neue, attraktive Modelle

Die Aktion kostete 26.000 Chrysler-Mitarbeiter ihre Jobs. Doch es wurden nicht nur Werke geschlossen, Leute entlassen, Kosten gesenkt. Gleichzeitig investierte das Dream-Team der Automobilindustrie in neue, attraktive Modelle und gab Chrysler eine Zukunftschance.

Erst Detroit, nun Wolfsburg

So etwas braucht seine Zeit: Bei Chrysler dauerte es vier Jahre, bis wieder Geld verdient wurde. Für den jetzt von Volkswagen angekündigten Sanierungsplan sind drei Jahre veranschlagt und Bernhard hatte zuletzt immer von fünf Jahren gesprochen, bis Licht am Ende des VW-Tunnels zu sehen sein wird.

Für seinen Chrysler-Coup hatte Wolfgang Bernhard sich als Chef der Tuning-Firma Mercedes AMG empfohlen, deren Umsatz und Gewinn er innerhalb eines Jahres verdoppelte. Davor hatte er mit 33 Jahren und 4200 Mitarbeitern die Produktion der S-Klasse angeschoben.

Karrierestart bei McKinsey

Seine Karriere hatte nach dem Studium in Darmstadt, New York und Frankfurt als Berater bei McKinsey begonnen. Als Projektleiter zur Senkung der Materialkosten und Steigerung der Produktivität kam er in die Mercedes-Werke - wo er 1994 blieb.

Bernhard wuchs in Altusried bei Kempten als viertes von neun Kindern eines Volksschullehrers auf. Seine Ausbildung finanzierte er als Musiker in der Münchner Fußgängerzone. Seinen ursprünglichen Familiennamen "Ayerle" legte er Ende der 80-er Jahre ab, weil er international nicht auszusprechen war.

Nach der erfolgreichen Chrysler-Sanierung sollte Bernhard im Mai 2004 eigentlich an die Spitze der Pkw-Sparte von Mercedes wechseln, wurde aber wenige Tage zuvor nach Differenzen mit Jürgen Schrempp wieder abberufen.

Das er bei DaimlerChrysler strauchelte, weil er dem Vorstandsvorsitzenden widersprach, es kam in Wolfsburg zumindest beim Betriebsrat gut an. Mit dem muss Bernhard nun darüber verhandeln, wie sich die Produktionskosten senken lassen.

In einigen Jahren vielleicht Big Boss

Sollte Bernhard seinem Ruf als knallharter Sanierer gerecht und Wolfsburg wie Detroit werden, könnte er in einigen Jahren vielleicht Big Boss werden bei VW: Konzernchef Bernd Pischetsrieder wird an diesem Mittwoch 58 Jahre alt.

Bernhard ist für Überraschungen gut: Bei der Automesse in Los Angeles im Januar erregte er die Fachwelt mit dem Volkswagen GX3, einer Mischung aus Motorrad und Sportwagen für das Dahingleiten auf der in amerikanischen Bundesstaaten üblichen Sonderspur für Motorräder, Hybridfahrzeuge, Fahrgemeinschaften und öffentliche Verkehrsmittel. Nicht wenige Automanager bezweifeln, dass der GX3 für VW zukunftweisend sein könnte - es ist ein Dreirad.

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