Die Krise in Libyen und der Benzinpreis:Das Machtkartell

Der Benzinpreis an den Tankstellen in Deutschland steigt und steigt. Die Ölkonzerne nutzen ihre Ausnahmestellung, auf Hilfe der Politiker zu hoffen, ist sinnlos - denn niemand kann sie daran hindern.

Karl-Heinz Büschemann

An den Tankstellen kostet ein Liter Benzin wieder 1,50 Euro oder mehr. In den Nachrichten heißt es, wegen der Libyen-Krise könnten die Preise sogar noch weiter steigen. Die Kunden, die sich in diesen Tagen auch darüber ärgern, dass der neue, mit Biosprit angereicherte Treibstoff angeblich die Kosten für Benzin in die Höhe treibe, werden zunehmend wütend auf die Ölkonzerne, die den Autofahrer offensichtlich abzocken.

Auswirkung der Libyen-Krise: An den Tankstellen kostet ein Liter Benzin wieder 1,50 Euro oder mehr

Auswirkung der Libyen-Krise: An den Tankstellen kostet ein Liter Benzin wieder 1,50 Euro oder mehr

(Foto: dapd)

Die Erklärung der Mineralölindustrie, die politische Krise in Arabien sei am höheren Barrelpreis schuld und der wiederum sei für den steigenden Benzinpreis verantwortlich, führt in die Irre. Die Rohölmengen, die Gaddafis zerbröselndes Regime nicht mehr liefern kann, sind viel zu gering. In Deutschland lag der Spritpreis zuletzt 2008 auf dem heutigen Niveau. Aber damals kostete ein Barrel Öl etwa 150 Dollar; heute sind es weniger als 110 Dollar. Die Ölkonzerne missbrauchen die politische Krise in Arabien und ihre Macht zur Aufbesserung ihrer Preise und Gewinne.

Das Thema ist einfach und schwierig zugleich. Wenn die Ferien beginnen oder wieder einmal eine Krise in der Nähe von Ölbohrlöchern stattfindet, steigen die Spritpreise. An den Tankstellen verschiedener Marken werden die Anzeigen so zeitgleich und auffällig ähnlich verändert, dass sich der Eindruck von Absprachen gar nicht vermeiden lässt. Dennoch ist es schwer, den Mineralölkonzernen eine verbotene Absprache nachzuweisen; immer wieder sind daran die Kartellbehörden gescheitert. Aber auch ohne förmliche Absprache: Es lässt sich kaum bestreiten, dass die Ölkonzerne auf den jeweiligen Märkten ein Oligopol weniger Anbieter bilden, das die Preisbildung durch Angebot und Nachfrage einschränkt.

Es ist nicht zu übersehen, dass die Ölkonzerne ihre Macht nutz en, um ihre Gewinne zu steigern.

Dies geschieht, obwohl es in bestimmtem Maße sogar Wettbewerb in der Branche gibt. Längst ist die einstige Macht des Förderkartells Opec gebrochen. In den großen Industrienationen wächst der Ölverbrauch dank verbesserter Energie- und Heiz- und Autotechnik nicht mehr im gleichen Schritt wie das Sozialprodukt. Das sorgt für eine gewisse Entspannung auf dem Ölmarkt.

Aber es gibt eine weltweite Kumpanei von Regierungen und Ölindustrie. In einigen Ländern ist die Branche ganz im Staatsbesitz. Andere Nationen, darunter Deutschland, nutzen das Benzin als sprudelnde Quelle für Steuereinnahmen und verdienen mit, wenn der Literpreis steigt. In Amerika war im vergangenen Jahr zu besichtigen, wie fatal Ölindustrie und Politik zusammenhängen. Die mächtigen Vereinigten Staaten haben es kaum geschafft, dem BP-Konzern wegen der Verpestung des Golfs von Mexiko die Stirn zu zeigen. Selbst der Präsident wich vor den Managern zurück.

Auf Hilfe der Politiker gegen die Multis zu hoffen, ist daher sinnlos. So bleibt der Kunde machtlos, und die Preise werden weiter steigen.

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