Deutschland:Zum Export verdammt

Vom Dübel bis zum Kraftwerk: die deutsche Wirtschaft konnte immer alles liefern. Jetzt muss sich das Land allerdings neu positionieren - nur wie?

Marc Beise

Deutschland ist drauf und dran, seinen viel gerühmten Titel als Exportweltmeister an China zu verlieren. Ob das je nach Rechenart jetzt schon der Fall ist oder erst im nächsten Jahr - der Trend ist unbestreitbar: Die große Volksrepublik zieht vorbei, sie wird obendrein bald die wichtigste Wirtschaftsnation der Welt sein.

Export, Getty

Braucht dieses exportlastige Land in einer fortgeschrittenen Globalisierung ein neues Geschäftsmodell?

(Foto: Foto: Getty)

Die geopolitischen Konsequenzen dieser Veränderung beschäftigen vor allem die bisherige Supermacht Nummer eins, die Vereinigten Staaten. Für den politischen Zwerg Deutschland liegen andere Probleme näher: Braucht dieses exportlastige Land in einer fortgeschrittenen Globalisierung ein neues Geschäftsmodell? Ist der Wohlstand zu sichern, wenn man weitermacht wie bisher?

Die aktuelle Wirtschaftskrise überlagert grundsätzliche Veränderungen. Klar, dass die exportorientierte deutsche Industrie vom Einbruch des Welthandels mehr als andere Staaten betroffen war, entsprechend aber könnte sie in der Erholung besonders profitieren. Wichtiger als die konjunkturellen sind die strukturellen Probleme.

Weitermachen wie bisher, das hieße, weiter auf große und kleine Investitionsgüter zu setzen, vom Dübel bis zum Kraftwerk, um die die Welt sich reißen möge. Mit dieser Methode und enormem Fleiß sind die Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg reich geworden.

Dummerweise funktioniert das nicht mehr so einfach wie früher. Die Welt ist reif geworden; immer mehr Konkurrenten decken ihren Bedarf selbst oder exportieren ebenfalls mit Erfolg. China ist dabei der größte, nicht der einzige Spieler.

Natürlich wäre eine stärkere Verlagerung auf den Binnenmarkt wünschenswert, um die Abhängigkeit vom Export zu mindern. Aber das ist ein langwieriger Prozess mit Risiken für die Millionen gutbezahlter Industriearbeitsplätze. Angesichts des bereits erreichten hohen Wohlstands- und Lohnniveaus gibt es kaum Spielräume. Entsprechend heftig diskutieren Wissenschaftler, wie eine Neuausrichtung organisiert werden könnte. Kräftige Lohnerhöhungen würden die Kostenstruktur der Unternehmen schädigen, massive Steuer- und Abgabensenkungen wären angesichts des Rekorddefizits verheerend; jetzt schon streitet die Politik erbittert um vergleichsweise bescheidene Maßnahmen.

Kurzfristig wird es nicht anders gehen, als weiter mit voller Kraft auf den Export zu setzen. In den Unternehmen, vor allem im deutschen Mittelstand, sind also alle Anstrengungen nötig und wichtig, um die Erfinder und die Fachkräfte noch erfolgreicher zu machen.

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