Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung:Zimmermann wirft hin

Der Streit tobte über Monate - jetzt findet er ein abruptes Ende: Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, tritt ab. Das Institut soll wieder durch Arbeit auffallen - und nicht durch Querelen.

Markus Balser

Die neue Dimension der Finanzaffäre und jüngste Personalquerelen haben das Fass zum Überlaufen gebracht: DIW-Chef Zimmermann stellt sein Amt zur Verfügung. Die wissenschaftlichen Arbeiten des DIW müssten wieder stärker ins Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung gerückt werden, erklärte Bert Rürup, Kuratoriumsvorsitzender des DIW.

DIW-Chef fordert Mehrwertsteuererhoehung um sechs Prozentpunkte

Der Berliner Rechnungshof verdächtigt das DIW der Verschwendung von Steuergeldern, und Mitarbeiter kritisieren Zimmermanns Führungsstil.

(Foto: ddp)

Er sei "in Abstimmung mit den Zuwendungsgebern zu der gemeinsamen Einschätzung gekommen, dass es in diesem Sinne zielführend ist, dem Wunsch des Präsidenten des DIW Berlin, Professor Zimmermann, zu entsprechen, sein Amt bis zur Jahresmitte 2011 zur Verfügung zu stellen", hieß es seltsam gestelzt.

Ein Nachfolger steht offenbar noch nicht fest: Darüber werde "in aller Besonnenheit" vom Kuratorium entschieden.

Was die Kontrolleure des Berliner Rechnungshofs im vergangenen Jahr auf mehr als 60 Seiten zusammengetragen haben, war für einen Ökonomen wenig schmeichelhaft. Immerhin bemisst sein Institut auf Zehntel genau, wie tief die Wirtschaft des Landes in der Krise gestürzt ist und wie schnell sie sich davon erholt.

"Bestimmungen missachtet"

Mit den Finanzen im eigenen Haus soll man es dagegen weniger genau genommen haben, monierten die Beamten. Das DIW habe bei der Verwendung öffentlicher Mittel "regelmäßig gesetzliche Bestimmungen missachtet", heißt es. Es gebe Zweifel, ob die Ausgaben sparsam und zweckmäßig erfolgt seien, verlautet in dem Papier.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung zog der Senat in der Finanzaffäre um das Institut nun Konsequenzen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) muss Steuergelder an das Land Berlin und den Bund zurückzahlen. Für das Jahr 2005 ging dem Institut bereits ein Rückforderungsbescheid der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung von mehr als 55.000 Euro zu. Für zwei weitere Jahre würden dem Institut ähnliche Bescheide zugestellt, hieß es aus Kreisen des Senats. Insgesamt dürften die Rückforderungen ein Gesamtvolumen von einigen hunderttausend Euro ausmachen.

Auch Zimmermann persönlich muss den Angaben zufolge mit Rückzahlungsforderungen an das Institut rechnen. Allein für dass Jahr 2002 gehe es dabei um mehr als 10.000 Euro, verlautete weiter.

Autokratischer Führungsstil

Zimmermann wird zudem aus den eigenen Reihen ein autokratischer Führungsstil vorgeworfen. Der Ökonom sei verantwortlich dafür, dass die Bundesregierung das vom Bund und dem Land Berlin gemeinsam finanzierte Institut zuletzt nicht mehr mit Konjunkturprognosen beauftragte, sagt ein Mitglied des Kuratoriums. In dem Gremium werde zudem befürchtet, dass das DIW bei der anstehenden Begutachtung durch die Leibniz-Gemeinschaft schlecht abschneiden werde.

Für Zimmermann war es schon in den vergangenen Monaten immer enger geworden. Ein Kulturwandel im DIW hatte sich seit Monaten angebahnt. Neuer starker Mann im Institut ist Bert Rürup. Seit dem vergangenen Frühjahr ist der ehemalige Wirtschaftsweise der Bundesregierung Chef des DIW-Kuratoriums. Unter seiner Führung bekam das DIW rasch eine neue Satzung und Geschäftsordnung, die Zimmermanns Alleinherrschaft begrenzen sollte. Diesem Ziel diente eine weitere Personalie: Im Sommer wurde der Geschäftsführer des Instituts ausgewechselt. Rürup installierte seinen Vertrauten Hanns Seidler.

Doch der personelle Neuanfang scheiterte. Seidler gab bereits nach wenigen Wochen entnervt auf und verließ das DIW wieder. Er sei "fassungslos" über die Zustände im Institut in der Mohrenstraße in Berlin-Mitte gewessen, hieß es. Der heute 58-Jährige Zimmermann hatte das Institut im Jahr 2000 nach langer Kandidatensuche übernommen.

Das Forschungsinstitut musste damals eine vernichtende Evaluation des Wissenschaftsrats verdauen. Zimmermann galt als Hoffnungsträger und sollte den Ruf der Einrichtung wiederherstellen. Er baute das Institut um und aus und zog in die neuen Räume im Zentrum der Hauptstadt. Immer wieder aber kam es unter seiner Führung zu Personalquerelen. So wirft er 2004 den renommierten Leiter der Konjunkturabteilung, Gustav Horn, aus dem Institut.

Die Mitarbeiter des DIW setzen nun auf die Zeit nach Zimmermann. Seit 2007 darf das Institut nicht mehr an der Erstellung des Gemeinschaftsgutachtens der führenden Forschungsinstitute mitwirken, das zweimal jährlich von der Regierung in Auftrag gegeben wird. Bei der jüngsten Ausschreibung war das DIW - früher eines der wichtigsten Konjunkturforschungsinstitute - erneut nicht berücksichtigt worden. Im Frühjahr 2012 wird die Gemeinschaftsdiagnose neu ausgeschrieben. "Wir wollen zurück in die erste Liga", sagt ein Mitarbeiter. "Und dazu brauchen wir einen Neuanfang."

Jetzt wagt ihn das DIW.

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