Deutscher Aktienindex:Ausflug auf den Gipfel

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Dax auf Höchstkurs. Die Entwicklung des Deutschen Aktienindex seit 2008. (Foto: N/A)

Der Dax steuert auf neue Spitzenwerte zu. Viele Analysten erwarten trotz Schuldenkrise für 2013 einen Rekord von über 8000 Punkten. Fünf Gründe, warum Aktien die Zukunft gehören könnte.

Von Harald Freiberger und Markus Zydra, Frankfurt am Main

Die magische Zahl 8000 kursiert wieder auf dem deutschen Aktienmarkt. Viele Experten sind sich sicher: Diesen Punktestand kann der Dax schon im nächsten Jahr erreichen. Wer hätte das gedacht, es geht wieder was mit Aktien. Der deutsche Leitindex notierte am Freitag bei über 7500 Zählern, dem höchsten Stand seit dem Ausbruch der Finanzkrise Anfang 2008. Mit einem Plus von knapp 28 Prozent seit Januar steuert der Dax zudem auf sein bestes Jahresergebnis seit 2003 zu.

Der 8000er-Gipfel: In seiner Geschichte erreichte der Dax diesen Wert zweimal, im Jahr 2000 und im Jahr 2007 - beide Male folgte ein jäher Absturz. Wird es nun anders kommen? Die SZ prüft die Argumente der Börsenoptimisten.

1. Die Euro-Krise ist entschärft

Man darf noch keine Entwarnung geben, aber an den Finanzmärkten geht derzeit kaum jemand davon aus, dass die Euro-Zone kollabieren könnte. Das schafft frisches Vertrauen. Es war dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, vorbehalten, dieses Vertrauen zurück an die Märkte zu bringen. Der Italiener versprach Ende Juli, die Notenbank werde alles tun, um die Euro-Zone zu retten. In der Folge verabschiedete der EZB-Rat einen neues Anleihekaufprogramm. Draghi hat versichert, am Anleihemarkt zu intervenieren, wenn die Zinsen für italienische und spanische Staatsanleihen zu hoch steigen. Das beruhigte die Märkte. Das Risiko eines Euro-Kollaps ist vorerst vom Tisch. "Draghi ist ein Garant dafür, dass die Finanzmärkte nicht mehr zusammenbrechen können", sagt Robert Halver, Chefvolkswirt der Wertpapierbank Baader. Damit sind Aktien endlich wieder interessant, die Investoren in unsicheren Zeiten verkauft haben.

2. Es gibt kaum Alternativen

Die neue Stabilität der Euro-Zone ist das eine, die niedrigen Leitzinsen in der gesamten westlichen Industriewelt sind das andere Argument für Aktieninvestments. In den USA, Großbritannien, Japan und Europa haben die Notenbanken den Zins auf ein Prozent und weniger gestutzt. Mit Lebensversicherungen, Sparbüchern und Anleihen sind kaum mehr Erträge zu erwirtschaften. Manchmal sind Zins-Produkte sogar ein Verlustgeschäft, etwa in Deutschland, wo die Inflation über zwei Prozent liegt. "Es herrscht absoluter Anlagenotstand", sagt Markus Reinwand, Aktienstratege der Landesbank Hessen-Thüringen. Also fließt das Geld in Immobilien - und in Aktien, die als Anteile an Unternehmen ebenfalls Sachwerte sind.

3. Die Konjunktur kommt wieder

Die Bundesbank senkte ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland für 2013 zwar von 1,6 auf 0,4 Prozent. Das klingt dramatisch, ist für die Börse aber schon Schnee von gestern. "Wichtig ist für die Märkte der untere konjunkturelle Wendepunkt, und der scheint nach den Frühindikatoren schon im vierten Quartal erreicht", sagt Aktienstratege Reinwand. In dieser Phase hätten Aktien immer das größte Steigerungspotenzial. Baader-Mann Halver hält zum Jahresende einen Dax-Stand von bis zu 7800 Punkten für möglich, falls keine politischen Turbulenzen mehr dazwischenkommen. Die Jahresendrally wird auch dadurch beschleunigt, dass viele Vermögensverwalter jetzt noch Aktien kaufen, um ihren Anlegern zu demonstrieren, dass sie den Trend des Jahres nicht verpasst haben. Rückenwind kommt auch aus anderen Teilen der Welt: Viele Experten erwarten, dass die USA ihr Problem mit der "fiskalischen Klippe", dem Auslaufen vieler Steuervergünstigungen, noch lösen. Dann sieht es auch für die US-Konjunktur wieder besser aus. Die größte Unterstützung kommt ohnehin aus den Schwellenländern China, Indien, Brasilien und Russland. "Dort leben 2,5 Milliarden Menschen, ein gewaltiger Absatzmarkt für europäische Konzerne", sagt Halver.

4. Aktien sind günstig

Obwohl die deutsche Börse in diesem Jahr um rund ein Viertel zugelegt hat, sind Aktien immer noch günstig bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis, das den aktuellen Kurs zu den erwarteten Unternehmensgewinnen in Beziehung setzt, steht für den Dax derzeit bei rund elf. Im langfristigen Durchschnitt liegt dieser Wert bei 15. "Aktien sind alles andere als teuer", sagt Reinwand. Hinzu komme, dass mit der wieder anziehenden Konjunktur die Unsicherheit über die künftigen Gewinne nachlässt. "Allein wenn die Gewinne der Dax-Konzerne im nächsten Jahr nur stabil bleiben, wären Dax-Stände von über 8200 Punkten durchaus angemessen", sagt Reinwand. Der bisher höchste Wert wurde im Juli 2007 mit 8105 Punkten erreicht. Der Kölner Vermögensverwalter Bert Flossbach warnt allerdings davor, wahllos Dax-Aktien zu kaufen. Viele Konzerne im Index hätten Probleme, vor allem mit Pensionsrückstellungen. Flossbach sucht sich seine Einzelaktien genau aus, schaut auf Unternehmen, die eine Preissetzungsmacht für ihre Produkte haben - und Dividende bezahlen.

5. Dividende gibt es auch noch

Im Durchschnitt der 30 Dax-Werte beträgt die Dividendenrendite 3,5 Prozent. Spitzenreiter sind die Deutsche Börse mit 7,4 Prozent, Eon mit 7,2 Prozent und Daimler mit 6,7 Prozent. Die Telekom verkündete jetzt eine Kürzung von 70 auf 50 Cent je Aktie. Das zeigt, dass die sich eintrübende Konjunktur für Unternehmen nicht folgenlos bleibt. Doch die 50 Cent bedeuten immer noch eine Rendite von sechs Prozent - ein Wert, der sich mit Zinsanlagen längst nicht mehr erzielen lässt.

Der Deutsche Aktienindex kennt im Moment nur eine Richtung, Es geht nach oben.  (Foto: REUTERS)
© SZ vom 08.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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