Deutsche Wohnen:In letzter Minute

Der bundesweit zweitgrößte Vermieter, Deutsche Wohnen, will 14000 Wohnungen kaufen, um nicht selbst aufgekauft zu werden. Die Aktionäre des Marktführers Vonovia sollen am Montag über die feindliche Übernahme abstimmen.

Von Benedikt Müller

Der zweitgrößte Vermieter des Landes, die Deutsche Wohnen aus Berlin, will das feindliche Übernahmeangebot des Marktführers Vonovia in letzter Minute abwenden. Die Deutsche Wohnen plant, ein Portfolio mit etwa 14 000 Wohnungen in deutschen Städten zu kaufen, das zurzeit noch im Besitz der Patrizia Immobilien aus Augsburg ist. Dies geht aus übereinstimmenden Insider-Informationen hervor, die Unternehmen haben den Deal aber noch nicht bestätigt. Damit nimmt der Fusionspoker unter den großen Wohnungskonzernen eine weitere kuriose Wendung.

Marktführer Vonovia hatte im Oktober angekündigt, die Deutsche Wohnen für 14 Milliarden Euro einschließlich der Schulden übernehmen zu wollen. Die Aktionäre von Vonovia sollen am Montag bei einer außerordentlichen Hauptversammlung über den Plan entscheiden. Allerdings war die feindliche Offerte an die Bedingung geknüpft, dass die Deutsche Wohnen "keine wesentlichen Vermögensgegenstände" mehr erwirbt und keine Kapitalerhöhung mehr vornimmt.

Diese Ausschlusskriterien könnte der Übernahmekandidat nun bewusst greifen lassen. "Ein größerer Portfolio-Kauf der Deutschen Wohnen würde es Vonovia erschweren, die Deutsche Wohnen zu übernehmen", sagt Georg Kanders, Analyst beim Bankhaus Lampe.

Der Vorstand der Deutsche Wohnen hatte das Fusionsangebot von Vonovia mit scharfen Worten zurückgewiesen. "Diese Transaktion zerstört Wert", sagte Konzernchef Michael Zahn. Vonovia verspreche den Investoren Synergieeffekte, die "nicht im Ansatz erreichbar" seien. Zahn rief die Aktionäre beider Unternehmen auf, gegen die Großfusion zu stimmen. Auch Mieter- und Belegschaftsvertreter kritisierten, ein Zusammenschluss der beiden Marktführer nütze nur einigen wenigen Investoren.

Die 14 000 Wohnungen, an denen die Deutsche Wohnen nun offenbar interessiert ist, liegen zum Großteil in Berlin und anderen Städten, in denen die Deutsche Wohnen bereits präsent ist. Patrizia hatte das Paket erst im Mai von einem Fonds erworben und bringt es nun schnell wieder auf den Markt, für gut eine Milliarde Euro. Die Börsenhändler nahmen das lukrative Geschäft bereits vorweg: Die Patrizia-Aktie war am Mittwoch mit vier Prozent Plus einer der Tagesgewinner im S-Dax.

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