Energieversorgung in Deutschland gefährdet:Perfides Spiel der Stromzocker

Ein Häuflein Zocker hat die deutschen Stromreserven bis an die Grenzen strapaziert, um den eigenen Profit zu steigern. Dabei ist noch nicht einmal klar, ob die Verursacher eines möglichen Blackouts haftbar zu machen wären. Viel verdienen, aber anderen das Risiko anlasten: Das ist wirklich perfide.

Michael Bauchmüller

Die Arbitrage ist des Händlers Liebling: ein Gut billig irgendwo erwerben, es teuer woanders weiterverkaufen - so machen Profis Millionen. Ganz offensichtlich funktioniert das auch am Strommarkt.

Wie es aussieht, haben findige Händler den Strom billiger eingekauft, als sie ihn anschließend weiterreichten. Ach ja, und dazu bedienten sie sich aus den Reserven, die eigentlich für die Stabilität des Stromnetzes bereitstehen. So genau weiß man es beim Strom ja nie, wo er eigentlich herkommt.

Nur verbirgt sich hinter dem Gewinn einiger weniger allzu gern der Verlust der Massen. Vieles spricht dafür, dass ein Häuflein Stromzocker mit solchen Geschäften vorige Woche auch die Stabilität der deutschen Stromversorgung aufs Spiel gesetzt hat. Denn auch die schönste Reserve hilft nur so lange, wie sie nicht vollends ausgeschöpft ist; danach ist Schluss.

Viel verdienen, aber anderen das Risiko anlasten: Das ist wirklich perfide. Und dabei ist noch nicht einmal klar, ob die Verursacher eines solchen Blackouts haftbar zu machen sind, einen Präzedenzfall gibt es nicht. Es ist eine Lücke im System - aber eine, die ein Gemeinwesen nicht dulden kann.

Der Vorgang zeigt aber auch, wie wenig die einfachen Wahrheiten am europäischen Strommarkt noch taugen. Als in der vorigen Woche Reservekraftwerke einspringen mussten, galt das manchem schon als neuerlicher Beleg für die unabsehbaren Folgen des Atomausstiegs.

Nun zeigt sich, dass stattdessen dubiose Geschäfte die Reserven strapazierten. Mehr noch: Als vorige Woche in Frankreich Strom knapp wurde, schien über deutschen Solarzellen die Sonne. Ohne sie wären womöglich beim Nachbarn Lichter ausgegangen. Auch ohne Zocker.

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