Deutsche Post:Verdi befürchtet Stellen-Kahlschlag

Angst um 15.000 Jobs bei der Post: Die Gewerkschaft Verdi ist mit ihrer Forderung nach einer Verlängerung der geltenden Arbeitszeitregelungen für die Beamten bislang beim Management auf taube Ohren gestoßen.

Caspar Dohmen

"Wir befürchten, dass das Unternehmen durch die Hintertür über verlängerte Arbeitszeiten Tausende Stellen im Konzern einsparen will", sagte Verdi-Bundesvorstand Andrea Kocsis am Donnerstag der Süddeutschen Zeitung. Im Extremfall könnten nach Berechnungen von Verdi 15000 Stellen wegfallen.

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(Foto: Foto: dpa)

Urlaub und Überstunden

Kocsis sieht eine Kettenreaktion. Ende März läuft eine Regelung für die 55.000 Postbeamte aus, die derzeit 38,5 Stunden arbeiten. Die Arbeitszeit für Bundesbeamte liegt dagegen bei 41 Stunden. Verdi befürchtet nun, dass in einem ersten Schritt die Beamten der Post künftig ebenfalls auf Order der Bundesregierung 41 Stunden arbeiten sollen, in einem zweiten Schritt diese Arbeitszeit dann auch für die 130000 Tarifangestellten durchgedrückt werden soll. Da Verdi keinen direkten Einfluss auf die Arbeitszeitregelung für die Beamten hat, kündigte die Gewerkschaft nun die Vereinbarung für die Angestellten.

"Wir sind damit auf einen Arbeitskampf ab April vorbereitet", gab sich Kocsis kämpferisch. Zuvor hatte in Berlin die Bundestagskommission der Gewerkschaft getagt. Letztmals hatten die Postler 2004 gestreikt, damals ging es um höhere Löhne für die Mitarbeiter des weltweit siebtgrößten privaten Arbeitgeber. Bei dem Unternehmen lag die Kündigung der Regelung am Donnerstag bis Redaktionsschluss noch nicht vor. Deshalb wollte ein Sprecher den Vorgang auf Anfrage noch nicht kommentieren.

"Den Hals nicht voll bekommen"

Besonders erbost sind die Arbeitnehmervertreter, weil die Beschäftigten bei der Post einen Berg von Überstunden und Urlaubstagen vor sich herschieben. "Umgerechnet könnte die Post hier auf einen Schlag locker 10000 neue Beschäftigte einstellen", sagte Kocsis, die ebenfalls stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei der Deutschen Post ist. Dies sei doch für die Post eine gute Gelegenheit um Beschäftigte von Konkurrenten einzustellen, die durch die Einführung des Mindestlohns ihren Job verlieren würden. Die Post hatte sich zuletzt bereit erklärt solche Einstellungen zu überprüfen. Stattdessen wolle die Post an ihrem Sparkurs festhalten, sagt Kocsis, "die können den Hals nicht voll genug bekommen".

Bei der Einführung des Mindestlohns hatten Verdi und Post im Herbst vergangenen Jahres noch an einem Strang gezogen. Nachdem die Bundesregierung den Mindestlohn für Briefzusteller für allgemeinverbindlich erklärt hatte, meldete mit der Pin-Group einer der beiden Hauptkonkurrenten Insolvenz an. Diese Woche verkündete die Pin-Group dann den Abbau v on tausenden Stellen. Branchenbeobachter erwarten eine Zerschlagung des Konzerns. Angesichts dieser Entwicklung erwartet Kocsis, dass die Mitarbeiter der Post künftig noch mehr zu tun haben werden. Zuletzt hatte die Post verkündet, dass sie einige große Aufträge wieder zurückgeholt hatte.

Kocsis möchte noch nicht von einer Klimaveränderung zwischen Post und Gewerkschaft sprechen, räumt aber ein, "in der Vergangenheit seien beide Seiten früher anders miteinander umgegangen". Die Gewerkschafterin machte klar, dass vor einer Klärung der Arbeitszeitregelung keine Lohntarifverhandlungen stattfinden sollen. Diese wären frühestens ab Anfang Mai möglich.

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