Deutsche Bank:"Verstaatlichung wird immer wahrscheinlicher"

Deutsche Bank: Deutsche-Bank-Chef John Cryan ist überzeugt, dass es so schlimm nicht um den Konzern stehe, wie viele sagen.

Deutsche-Bank-Chef John Cryan ist überzeugt, dass es so schlimm nicht um den Konzern stehe, wie viele sagen.

(Foto: Sebastian Derungs/AFP)

Der Deutschen Bank würden im Falle einer neuen Finanzkrise 19 Milliarden Euro fehlen, um Verluste aufzufangen, sagen Wissenschaftler des ZEW. Wenn die Finanzmärkte dann frisches Geld verweigern, müsste der Steuerzahler ran.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Es gehört zu den offenen Geheimnissen, dass die Deutsche Bank zu den gefährlichsten Instituten der Welt gehört. Der Internationale Währungsfonds hat diesen Umstand neulich noch einmal mit dem Hinweis unterstrichen, dass ein Zusammenbruch der größten Bank Deutschlands die Stabilität des gesamten globalen Finanzsystems gefährden würde.

Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim ist der Frage nachgegangen, wie stabil die Deutsche Bank dastünde, wenn es an den Finanzmärkten zu einer erneuten Krise wie 2008 käme. Demnach täte sich dann in der Bilanz der Bank eine Kapitallücke von 19 Milliarden Euro auf. "Die Deutsche Bank ist eines der Institute, das im Krisenfall einen sehr hohen Kapitalbedarf hat", sagt der federführende Autor der ZEW-Untersuchung, Professor Sascha Steffen. "Die Frage ist dann, ob es der Bank gelingen würde, an den Finanzmärkten das fehlende Kapital aufzutreiben."

Milliardenverluste und Milliarden-Boni. Wie passt das zusammen?

Die Frage ist brisant. Denn wenn Privatinvestoren ihr Geld verweigerten, müsste wohl der deutsche Steuerzahler einspringen. Weil die Deutsche Bank so gefährlich ist, kann die Bundesregierung das Institut kaum pleite gehen lassen. Man würde sonst einen globalen Finanzkollaps riskieren.

"Es wird immer wahrscheinlicher, dass die Deutsche Bank die Wende zum Guten nicht schaffen wird. Das Szenario einer Verstaatlichung wird immer wahrscheinlicher", sagt Dieter Hein vom Analyse-Haus Fairesearch. Der Bankenexperte verfolgt die Deutsche Bank seit Jahren mit kritischem Blick. "Die Bank macht Milliardenverluste und zahlt dennoch Milliarden-Boni aus. Die Bank erhöht durch den geplanten Verkauf der Postbank die Abhängigkeit vom Investmentbanking, das nicht profitabel und sehr riskant ist. Die Strategie der Bank ist komplett gescheitert." Eigentlich, so Hein, müssten die Aktionäre eingreifen, doch die suchten das Weite und verkauften die Aktie.

Deutsche-Bank-Chef John Cryan argumentiert, das Institut könne seine Kapitaldecke Schritt für Schritt aus eigener Krafterhöhen, indem es Risiken in der Bilanz abbaut. Zur ZEW-Studie erklärte die Deutsche Bank, sie könne die genannte Zahl "nicht nachvollziehen". Beim jüngsten Stresstest der europäischen Bankenaufsicht Eba hatte sie im Vergleich mit anderen nicht gut abgeschnitten. Die ZEW-Experten legten bei ihrer Untersuchung noch strengere Maßstäbe an und stützten sich auf eine Methode der US-Notenbank Federal Reserve. Das ZEW bezifferte auf dieser Basis die Kapitallücke für alle getesteten Banken in Europa auf insgesamt 123 Milliarden Euro. Neben der Deutschen Bank wiesen die beiden französischen Häuser Société Générale und BNP Paribas die größten Kapitallücken auf.

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