Deutsche Bank:Unmoralische Angebote

The Deutsche Bank headquarters are seen in Frankfurt

In den Türmen der Deutschen Bank in Frankfurt wussten einige über Cum-Ex-Deals viel und sagten wenig.

(Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Die Bank wollte Kunden in Brasilien bei der Steuervermeidung helfen. Zwar wurden die Pläne nie umgesetzt, sie zeigen aber: Steuerdumping hat viele Helfer.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Selten sind die globalen Konzerne kreativer, als wenn es darum geht, Steuern zu sparen. Während national tätige Mittelständler dabei nur zuschauen, können große Unternehmen über ihr weltweites Netz an Niederlassungen Gewinne von Hoch- in Niedrigsteuerländer verschieben - beinahe so, wie es gerade passt. Weltweit entgehen den betroffenen Ländern dadurch jährlich 100 bis 240 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen, schätzt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Das entspricht vier bis zehn Prozent der weltweiten Einnahmen aus Körperschaftsteuern.

Als Helfer der Konzerne standen bislang vor allem die großen Wirtschaftsprüfer im Fokus. Ein Fall der Deutschen Bank zeigt nun aber, dass sich auch Kreditinstitute auf diese Dienstleistung verstehen. Wie die Financial Times schreibt, habe sich die Deutsche Bank in diesem Jahr mit komplizierten Strategien zur Steuervermeidung bei mehreren ihrer größten Unternehmenskunden in Brasilien beworben, darunter der Brauereikonzern AB Inbev und die Rohstoffunternehmen Archer Daniels Midland, Bunge and Cargill. Ihnen habe die Deutsche Bank in Brasilien eine komplizierte Struktur angeboten, über die die Kunden Gewinne in Steuerparadiese hätten lenken können. Etwas vereinfacht gesagt sollten die Unternehmen gemeinsam mit der Deutschen Bank in eine Gesellschaft in Österreich investieren. Diese Investitionen jedoch hätten als Kredit in Gesellschaften in Niedrigsteuerländer weitergereicht werden sollen. Zwar kam es am Ende nicht zu diesen Geschäften, offenbar weil sich die Bank bewusst war, dass es sich - wenngleich nicht um illegale - aber zumindest um heikle Geschäfte handelte. Außerdem hatte der bankeigene Ausschuss zur Vermeidung von Reputationsrisiken die Geschäfte noch nicht abgesegnet.

Über Zwischengesellschaften in Österreich sollte es direkt ins Steuerparadies gehen

Trotzdem zeigt der Fall, dass die Banken im globalen Steuerdumping eine womöglich größere Rolle spielen als bisher angenommen. "Die Structured-Finance-Abteilungen der Banken haben wir uns bisher viel zu wenig angesehen", sagte Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen im Europaparlament. "Sie spielen neben den großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften eine Schlüsselrolle beim globalen Steuerdumping". Giegold will daher vorschlagen, dass sich der neue Sonderausschuss "Taxe" des Europaparlaments damit befasst. Dieser Sonderausschuss war im Februar eingerichtet worden, nachdem die SZ und andere Zeitungen die günstigen Steuerregeln für Konzerne in Luxemburg enthüllt hatten ("Luxleaks"); er untersucht die Besteuerung multinationaler Unternehmen.

Auch die G-20-Staaten haben gerade fünfzehn Vorschläge verabschiedet, um gemeinsam gegen legale Steuerumgehung vorzugehen. Sie wollen zum Beispiel erreichen, dass sich die Finanzbehörden der Länder besser austauschen. Außerdem sollen bestimmte Steuervorteile für Briefkastenfirmen wegfallen und der Missbrauch von Doppelbesteuerungsabkommen eingedämmt werden. Diese Abkommen sollten eigentlich verhindern, dass mehrere Staaten die gleichen Einkünfte besteuern; von Firmen werden sie aber oft genutzt, um in keinem Land Steuern zu zahlen.

Die Deutsche Bank sagte am Montag zu dem Fall: "Es handelte sich um reine Sondierungsgespräche, die aus einer Reihe von Gründen nicht fortgeführt wurden, unter anderem auch aufgrund unserer eigenen internen Kontrollsysteme. Die Transaktionen wurden nie durchgeführt".

Nach den vielen Skandalen im Investmentbanking und einem neueren Verdacht von Geldwäsche in der russischen Tochter darf sich die Deutsche Bank keine Fehltritte mehr erlauben, schon gar nicht in rechtlichen Grauzonen. Daher letztlich das Nein zu den Steuerdeals.

Seit dem Sommer müssen die Europas Banken melden, wo ihre Gewinne und Steuern anfallen

Erst am Freitag hatte sich der neue Deutsche-Bank-Co-Chef John Cryan per Brief an die Mitarbeiter gewandt. Er schrieb, die Bank überprüfe derzeit, ob neue Kunden und Produkte wirklich stets ausreichend auf Seriosität geprüft würden. Um zum Beispiel Geldwäsche oder Terrorfinanzierung auszuschließen, müssen Banken immer genau ermitteln, mit wem sie ihre Geschäfte machen. Während die Deutsche Bank diese Prozesse überprüfe, werde sie in bestimmten Risiko-Regionen keine neuen Kunden annehmen oder neue Produkte einführen, schrieb Cryan in dem Mitarbeiterbrief. Die Bank müsse "gewährleisten, dass wir über ein tiefes Verständnis sowohl der Identität des Kunden als auch über dessen Ziele verfügen."

Bleibt die Frage, ob die Deutsche Bank und andere Kreditinstitute auch selbst Steuerlasten verschieben oder ob sie solche Dienstleistungen nur Kunden angeboten haben. Bisher war das für die Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar. Seit diesem Sommer jedoch müssen die großen europäischen Institute jährlich melden, in welchem Land ihre Steuern und Gewinne anfallen. Die Hoffnung dahinter: Wer öffentlich dafür gebrandmarkt werden kann, Gewinne zu verschieben, wird es künftig unterlassen. Der Steuer-Kreativität wäre damit dann doch eine Grenze gesetzt.

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