Deutsche Bank:Trennung auf Raten

File photo of Deutsche Bank CEO Cryan gesturing at a news conference in Zurich
(Foto: Christian Hartmann/Reuters)

Maue Aktienkurse und mangelndes Investoren-Interesse: Die Deutsche Bank erwägt für dieses Jahr nun doch nur einen Mini-Börsengang der ungeliebten Tochter Postbank.

Von Andrea Rexer und Meike Schreiber, Frankfurt/München

Es hätte der nächste Schritt in Richtung einer besseren Zukunft werden sollen - für die Deutsche Bank genauso wie für die Postbank. Eigenständig und damit erfolgreicher wollten die beiden ungleichen Institute agieren, die Deutsche Bank mit Fokus auf Investmentbanking und Geschäftskunden, ihre Noch-Tochter Postbank mit den 14 Millionen Privatkunden. Groß waren daher die Hoffnungen auf beiden Seiten, dass die Mehrheit an der Postbank in diesem Jahr an die Börse geht.

Doch die Vorfreude scheint inzwischen getrübt: Nach SZ-Informationen erwägt die Deutsche Bank für 2016 nun doch, weniger als ein Drittel der Postbank-Aktien zu verkaufen und nicht mehr wie ursprünglich avisiert die Mehrheit. "Die Trennung schiebt sich hinaus", hieß es aus der Bank. Ein weiterer Insider sagte, womöglich im Frühjahr solle ein kleineres Paket an die Börse gebracht werden, ein weiterer Teil später, "zumindest solange sich das Marktumfeld nicht deutlich verbessert".

John Cryan aber, der neue Deutsche-Bank-Chef, ist nach den jüngsten Kursschwankungen an den Märkten derzeit offenbar so pessimistisch, dass er einen Mini-Börsengang vorzieht. Zuerst hatte die Wirtschaftswoche darüber berichtet.

Eigentlich war es zuvor das Ziel der Deutschen Bank, die Postbank durch den Verkauf rasch aus der eigenen Bilanz zu bekommen und damit auch kein Kapital mehr für sie zurücklegen zu müssen. Ob das auch gelingt, wenn nicht die Mehrheit verkauft wird, ist noch offen. Es wäre aber dringend nötig, weil die Aufsichtsbehörden nach der Finanzkrise immer höhere Kapitalreserven verlangen.

Allerdings scheint es hier einen Kniff zu geben: Dem Vernehmen nach kann die Deutsche Bank bei einem Minibörsengang die Verkaufsabsicht für einen weiteren Teil des Postbank-Aktienpakets in der Bilanz festschreiben. Auch nach einem Mini-Börsengang müsste sie dann nicht mehr so viel Eigenkapital für die Tochter vorhalten. Ein Sprecher der Bank sagte: "Die Entkonsolidierung bleibt das erklärte Ziel".

Viel schwerer aber wiegt die Frage, wer die Aktien der Postbank überhaupt zeichnen soll. "Das ist definitiv keine gute Nachricht für Investoren", sagte einer der großen Anteilseigner der Bank. Investoren hätten in der Regel kaum Interesse an Minderheitsanteilen einer Bank. Denn das heißt weniger Einfluss, aber kaum Vorteile.

Gut möglich also, dass der Deutschen Bank aus dem Verkauf der Postbank weitere Verluste entstehen: Nach einer Abschreibung 2015 steht die Tochter noch mit vier Milliarden Euro in der Bilanz. Dies liegt zwar unter dem Postbank-Eigenkapital von 6,8 Milliarden Euro - was eine Richtgröße für den Kaufpreis ist - aber Investoren würden offenbar noch nicht einmal das bezahlen. Auch andere Banken, die sich die Postbank als Ganzes einverleiben wollen, sind derzeit weit und breit nicht zu sehen. Schuld sind die niedrigen Zinsen, die es Instituten wie der Postbank erschweren, ausreichend Rendite im Einlagen- und Kreditgeschäft zu erwirtschaften. "Hätte es großes Interesse gegeben, hätte man gleich mit einem größeren Anteil an die Börse können", heißt es aus der Bank.

John Cryan jedenfalls dürfte die Lage zu schaffen machen. Ohnehin kämpft der neue Vorstandschef um das Vertrauen der Investoren, bislang vergeblich: Nur kurz war der Aktienkurs angestiegen, als der Brite im Juli die Führung von seinem Vorgänger Anshu Jain und Noch-Co-Chef Jürgen Fitschen übernahm. Bald darauf setzte die Aktie ihren Abwärtskurs aber fort, der sich bis dato zu einem Kursminus von gut 20 Prozent aufaddiert.

Dabei hat Cryan schon einiges erreicht im ersten Halbjahr seiner Amtszeit: Fast handstreichartig tauschte er weite Teile des in Skandale verstrickten Vorstandes aus, schrieb rund sechs Milliarden Euro bilanzieller Altlasten ab und schärfte die von seinen Vorgängern hinterlassene Strategie, die unter anderem darin besteht, Filialen zu schließen, Stellen zu streichen, Kosten zu sparen. Wegen hoher Abschreibungen erwarten Analysten im Schnitt für 2015 einen Verlust von 4,5 Milliarden Euro. Erst 2016 dürfte die Bank demnach wieder Gewinne machen.

Wie der Aktienkurs zeigt, glauben viele Investoren dennoch nicht an eine Trendwende. "Die Luft ist raus, man sieht, dass die Bank nicht gleichzeitig Kosten sparen und hohe Erträge erwirtschaften kann", sagte ein Investor. Am augenfälligsten wird das Problem im Investmentbanking, dem stets wichtigsten Ertragsbringer der Bank: Wie aktuelle Jahreszahlen über das weltweite Geschäft mit Anleihen, Aktien oder der Beratung bei Fusionen und Übernahmen zeigen, sind die Gebühren-Einnahmen der Deutschen Bank in diesem Bereich zuletzt um 20 Prozent auf 3,5 Milliarden US-Dollar eingebrochen. In der gesamten Branche lag der Rückgang nur bei acht Prozent.

Zwar liegt die Deutsche Bank damit noch auf Platz sechs der weltweit ertragsstärksten Investmentbanken, eigentlich aber wollte sie immer mit den ganz Großen der Wall Street mithalten. Die Misere der Bank jedoch hat die Geschäfte erschwert, einige Spitzenberater mit guten Kundenkontakten haben das Institut zuletzt verlassen. Größere Rückgänge als die Deutsche Bank musste im Spitzenfeld der 15 Institute keiner der Rivalen hinnehmen.

In einem Punkt jedoch liegt Cryan im Plan: So wird es der Bank gelingen, die Rückstellungen von bis 1,5 Milliarden Euro für die geplanten Stellenstreichungen ebenfalls noch in der Bilanz des Krisenjahres 2015 unterzubringen. Nötig war allerdings ein Trick: Weil die Verhandlungen über den Jobabbau erst beginnen, musste die Bank den Arbeitnehmern ihre Ziele schriftlich mitteilen. Diese quittierten den Eingang, womit der Betrag offiziell zurückgelegt werden darf. Fällt er am Ende niedriger aus, wäre zumindest das für die Investoren einmal eine gute Nachricht.

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