Deutsche-Bank-Prozess:Christkindlmarkt statt Verhandlungstag

Prozess gegen Deutsche-Bank-Manager - Fortsetzung

Richter Peter Noll am Montag im Landgericht München: "Nehmen Sie sich die Zeit, um auf den Christkindlmarkt zu gehen."

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Im Deutsche-Bank-Prozess werfen die Verteidiger der Staatsanwaltschaft Prozessverschleppung vor, die regiert zunehmend gereizt.
  • Mit dem Prozessende ist wohl erst im Februar zu rechnen.

Von Stephan Radomsky

Langsam wird es sogar Peter Noll zu viel. Seit Ende April leitet der erfahrene Jurist und Richter den Strafprozess gegen fünf Top-Manager der Deutschen Bank wegen versuchten Prozessbetrugs. Und seitdem fliegen zwischen Anklage und Verteidigung heftige Anwürfe hin und her, in letzter Zeit immer häufiger und aggressiver: "Popanz", "Prozessverschleppung", "Lügenmärchen", "oberlehrerhaft", "Verschwörungstheorien".

Bisher hat Noll das meist durchgehen lassen, sowohl den Staatsanwälten als auch den Verteidigern. Damit könnte es nun aber vorbei sein, das gab der Vorsitzende Richter beiden Parteien am Montag freundlich aber deutlich zu verstehen: "Ich erinnere daran, dass wir hier keine lockere Gesprächsrunde haben."

Zuletzt war die Stimmung in dem Strafverfahren zunehmend gereizt, teilweise sogar offen und persönlich feindselig. Für die fünf Angeklagten, unter ihnen der amtierende Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, sowie seine beiden Vorgänger Josef Ackermann und Rolf-Ernst Breuer, geht es in diesem prestigeträchtigen Prozess um viel - genauso wie für Oberstaatsanwältin Christiane Serini: Vier der Banker sollen im jahrelangen Schadenersatzstreit mit dem Medienunternehmer Leo Kirch versucht haben, dessen Ansprüche durch falsche Aussagen abzuwehren, so der Vorwurf von Serini. Und Fitschen soll dagegen als Bankchef zumindest nichts unternommen haben.

Verteidiger unterstellen "Verzögerungstaktik"

Die Verteidiger der drei Bankchefs Fitschen, Ackermann und Breuer gehen seit Prozessbeginn immer wieder auf die Staatsanwälte los, weil sie die Anklage für nicht gerechtfertigt und ihr Vorgehen für überzogen halten. Sie werfen ihnen etwa vor, mit überlangen Anträgen unnötige Massen an Dokumenten ins Verfahren bringen zu wollen. Das sei "Verzögerungstaktik". Deshalb, so forderten sie am Montag, sollten neue Anträge und Beweise nicht mehr im Prozess verlesen, sondern daheim vorbereitet werden.

"Über den Umfang kann man streiten; über die Argumente auch", sagte Richter Noll mit Blick auf die Anträge. Er erteilte den Verteidigern aber dennoch eine Abfuhr: Eine Prozessverschleppung könne er nicht erkennen, außerdem könne er die Beteiligten ihm selbst unbekannte Unterlagen nicht einfach selbst lesen lassen: "Das werden Sie von mir nicht erleben."

Und auch die Anklage bekam Nolls Unwillen ab: Als Serini in der Zeugenbefragung des ehemaligen Hypo-Vereinsbank-Chefs Albrecht Schmidt empörte Zwischenrufe erntet, sagt sie "Ich frag' ja nur" - und der Vorsitzende Richter tadelt: "Frau Staatsanwältin, sie fragen eben nicht nur." Später ermahnt er sie, "diesen Halbsatz" zu unterlassen, als Serini sich über die Verteidiger ereifert, die ihre Befragung nur störten, "damit man hier nichts aufklären kann".

In diesem Jahr wird es wohl kein Urteil mehr geben

In der Sache wird Noll ihr aber wohl weiter nachgeben - er lässt aber auch durchblicken, dass viele der neuen Dokumente demnächst doch außerhalb des Gerichtssaals abgearbeitet werden. Dafür sagt er sogar drei der extra noch vor Weihnachten angesetzten Verhandlungstermine wieder ab. Das soll Zeit fürs Lesen bringen. Damit ist allerdings auch der zuletzt angedeutete Plan hinfällig, noch in diesem Jahr zu einem Urteil zu kommen. Mit dem Prozessende ist nun wohl doch erst Anfang Februar zu rechnen.

Zumindest etwas Gutes versucht Noll der neuerlichen Verlängerung für die Angeklagten aber doch abzugewinnen: "Nehmen Sie sich die Zeit, um auf den Christkindlmarkt zu gehen." Vielleicht beruhigt das ja dann auch die Stimmung in seinem Gerichtssaal

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: