Deutsche Bank:Kurioser Rechtsstreit

Das Geldinstitut wehrt sich gegen ein heikles Dividenden-Urteil. Demnach muss es Geld an die Aktionäre ausschütten, obwohl 2015 ein Rekordverlust erzielt worden war.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Auf den ersten Blick scheint die Sache klar: Der Deutschen Bank geht es schlecht, sie muss sparen. Und weil das Geldinstitut 2015 sogar einen Verlust von 6,7 Milliarden Euro verbuchte und Tausende Stellen strich, fiel für die Aktionäre erstmals seit Langem die Dividende aus. "Wir müssen einen Puffer für externe Schocks bilden", sagte Bankchef John Cryan.

Auf den zweiten Blick jedoch ist die Sache komplizierter: Nach Handelsgesetzbuch erzielte die Bank 2015 sogar einen Minigewinn von 165 Millionen Euro. Der Rekordverlust hingegen war auf internationale Rechnungslegung zurückzuführen, wo enorm hohe Abschreibungen auf bestimmte Bilanzwerte zu Buche schlugen.

Was technisch klingt, führt nun zu einem kuriosen Rechtsstreit. Das Landgericht Frankfurt hatte im Dezember überraschend einer Gruppe kritischer Aktionäre Recht gegeben, die gegen die Nulldividende geklagt hatten. Dagegen wiederum ist die Bank jetzt in Berufung gegangen.

Das Institut hätte sehr wohl eine Mindestdividende von 141 Millionen Euro ausschütten müssen, so die Richter in ihrem Urteil. Dadurch jedenfalls wäre ihre "Lebens- und Widerstandsfähigkeit" nicht gefährdet gewesen. Außerdem rüffelten sie die Bank für ihre Vergütungspolitik: Wenn die Aktionäre schon auf die Mindestdividende verzichten, hätte der Aufsichtsrat auf die "Reduzierung der Vorstandsvergütung" hinwirken müssen. Der Vorstand hatte jedoch lediglich auf seinen Bonus verzichtet. Den Gewinnverwendungs-Beschluss der Hauptversammlung erklärten die Richter daher kurzerhand für nichtig.

In ihrem Urteil berief sich das Gericht zwar auf einen Paragrafen im Aktiengesetz, der vor allem Kleinaktionäre vor dem Aushungern schützen soll. Gleichwohl gibt es für eine solche Klage hohe Hürden. Im Falle der Deutschen Bank muss ein Anteilseigner dazu mindestens für 500 000 Euro Aktien besitzen. Die Kläger sind für das Geldhaus daher keine Unbekannten. Unter ihnen ist eine Aktionärin, deren Ehemann die Deutsche Bank derzeit auf 180 Millionen Euro Schadenersatz verklagt.

Wie die Sache ausgeht, hängt nun an der höheren Instanz. Erhalten die Aktionäre recht, muss die Bank die Mindestdividende wohl doch noch auszahlen. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass der Streit in die Verlängerung geht: Für das Geschäftsjahr 2016 nämlich will Cryan die Dividende ebenfalls streichen.

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