Deutsche Bank:Emissär der Scheichs

Bei der Suche nach einem neuen Aufsichtsrat-Mitglied ist die Deutsche Bank fündig geworden. Der neue Kontrolleur ist ein Gesandter der Großaktionäre aus Katar, die sich zugleich noch einmal zur Bank bekannten.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Die Deutsche Bank ist eines der komplexesten Unternehmen der Welt, sie als Aufsichtsrat zu kontrollieren daher kein einfacher Job. Kein Wunder, dass Deutschlands größtes Geldinstitut fast drei Monate brauchte, um den Rechtsanwalt Georg Thoma, einen ihrer wichtigsten Aufsichtsräte, zu ersetzen. Seine Kontrolleurskollegen hatten ihm Übereifer vorgeworfen bei der Aufarbeitung der Skandale der Bank. Daraufhin hatte Thoma Ende April seinen Rücktritt erklärt.

Nun aber ist man fündig geworden: Wie die Bank am Freitag mitteilte, soll der Jurist Stefan Simon von der Bonner Kanzlei Flick Gocke Schaumburg neu in den Aufsichtsrat einziehen. Der 46-jährige Experte für Gesellschaftsrecht und Fragen der guten Unternehmensführung sei dem Amtsgericht Frankfurt offiziell vorgeschlagen worden. Simon muss gerichtlich bestellt werden, weil er sich erst auf der kommenden Hauptversammlung im Mai 2017 zur Wahl stellen kann.

Deutsche Bank headquarters are pictured before a news conference by Deutsche Bank Chief Executive Cryan and co-CEO Fitschen in Frankfurt

Fast drei Monate lang suchte die Deutsche Bank einen neuen Kontrolleur. Jetzt ist sie fündig geworden. Der Mann kennt die Zwillingstürme bereits von innen.

(Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Bemerkenswert ist, dass Simon laut der Mitteilung für die Scheichs aus Katar in den Aufsichtsrat der Bank einzieht. Die zwei dort maßgeblichen Herrscherfamilien waren bislang mit jeweils 3,05 Prozent an der Deutschen Bank beteiligt und damit größte Einzelaktionäre. Im Aufsichtsrat waren sie trotzdem nicht vertreten, sie hatten allenfalls im Hintergrund Einfluss genommen, und das, obwohl sie mit ihrem Investment bei der dauerkriselnden Bank in den vergangenen drei Jahren Kursverluste von mehr als einer Milliarde Euro erlitten haben dürften.

Das hat die Scheichs offensichtlich nicht abgeschreckt, zum jetzt deutlich niedrigeren Kurs weitere Aktien nachzukaufen. Denn wie die Bank am Freitag zudem mitteilte, haben die Katarer ihre Anteile auf zusammen knapp zehn Prozent erhöht. "Wir freuen uns, dass unsere katarischen Investoren mit ihrem langfristigen Engagement auf den Erfolg der Deutschen Bank setzen", sagte Aufsichtsratschef Paul Achleitner.

Dass dies in der Tat erfreuliche Nachrichten für die Bank sind, zeigte auch der Aktienkurs: Mit einem Plus von einem Prozent waren die Titel am Freitag zeitweise größte Dax-Gewinner. Die Hoffnung: Sollte die Bank gezwungen sein, frisches Kapital aufzunehmen, hätte sie mit den Katarern womöglich einen Geldgeber parat.

Aufsichtsratschef Paul Achleitner

"Wir freuen uns, dass unsere katarischen Investoren mit ihrem langfristigen Engagement auf den Erfolg der Deutschen Bank setzen."

An der Personalie Simon gibt es noch andere interessante Aspekte. Dabei geht es zum Beispiel um sein Engagement bei dem inzwischen insolventen Energie-Unternehmen Windreich. Simon hatte Unternehmensgründer Willi Balz 2013 zunächst beraten und sich später mit ihm überworfen. Wie das Handelsblatt im vergangenen Sommer schrieb, hatte Balz ihm vorgeworfen, zu seinen Lasten geschäftlich bei der Firma einsteigen und den Vorstandsvorsitz übernehmen zu wollen.

Viel zu tun: Auch die Aufseher der Bank muss sich mit den Skandalen befassen

Eine Anzeige wegen Betrugs und Bereicherung bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart blieb jedoch folgenlos. Im März 2016 jedenfalls teilte die Behörde mit, sie werde kein Ermittlungsverfahren eröffnen, da "weiterhin keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind, welche eine strafbare Handlung möglich erscheinen lassen". Wie ein Sprecher Simons am Freitag ergänzte, habe auch die Untersuchung der Haftpflichtversicherung kein Fehlverhalten des Anwalts aufgedeckt. In jedem Fall scheint der Vorgang seiner Ernennung zum Aufsichtsrat nicht geschadet zu haben. Die Deutsche Bank kennt Simon dank einer anderen Sache ohnehin bereits von innen. Wie ein Sprecher des Instituts bestätigte, beriet Simon 2014 den inzwischen ausgeschiedenen Vorstand Michele Faissola, der sich in der Libor-Affäre gegenüber der deutschen Finanzaufsicht Bafin erklären musste.

Mit den Skandalen der Bank wird sich Simon nun jedoch nur am Rande befassen. Anders als ursprünglich avisiert, wird die US-Juristin Louise Parent dauerhaft den sogenannten Integritätsausschuss des Aufsichtsrates führen, den bis April ihr Kollege Georg Thoma geleitet hatte. Das Gremium ist von zentraler Bedeutung, weil der Aufsichtsrat dort die Skandale der Vergangenheit aufarbeitet. Vorstand und Aufsichtsrat prüfen derzeit wechselseitig, ob einer der Manager oder Ex-Manager in der Libor-Affäre schadenersatzpflichtig geworden ist. Die Prüfung, die auch die Rolle von Aufsichtsratschef Paul Achleitner untersucht, ist noch nicht abgeschlossen.

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