Deutsche Bank:Der Vergleich fehlt

Mit Verspätung startet die Deutsche Bank ihre groß angekündigte Zinsplattform. Das Problem: Bislang macht erst eine Bank mit.

Von H.-R. Dohms und M. Schreiber, Frankfurt

Als die Deutsche Bank im April 2016 ihre Digitaloffensive angekündigte - da kannte die Begeisterung kaum Grenzen. Von tollen "Labs" und schicken "Apps" war damals die Rede, von innovativen "Tools" und neuartigen "Ökosystemen". Fast hätte man meinen können, die Deutsche Bank sei gar keine richtige Bank mehr. Sondern eines jener hippen Finanz-Startups, die sich "Fintechs" nennen.

Gut ein Jahr später hat sich die Euphorie dann doch ein wenig gelegt. Zwar sind die meisten Produkte, von denen die Deutsche Bank damals sprachen, inzwischen am Markt. Zum Beispiel die "Multibanking-App", die dem Kunden einen Überblick über seine Finanzen bietet. Oder der elektronische Dokumentenordner "eSafe". Das eigentliche Vorzeige-Projekt allerdings lässt bislang auf sich warten: eine Einlagenplattform, über die der Kunden seine Ersparnisse an Banken weiterleiten kann, die höhere Zinsen bieten als die Deutsche Bank selbst.

Eigentlich sollte das "Zinsmarkt" getaufte Produkt schon im April loslegen. Daraus aber wurde nichts. Stattdessen fällt der Startschuss nach SZ-Informationen nun im Juli. Das eigentliche Produktversprechen löst die Plattform dann aber immer noch nicht ein. Denn die Deutsche Bank hatte angekündigt, die Kunden sollten "europaweit unter attraktiven Fest- und Tagesgeldangeboten auswählen können". Stattdessen geht der "Zinsmarkt" nun mit nur einer einzigen Partnerbank an den Start - dem Vernehmen nach ist das die Deutsche Pfandbriefbank.

Von außen betrachtet verwundert, dass die Deutsche Bank für ihre Zins-PLattform so viel Zeit braucht. Schließlich ist das sogenannte Tages- und Festgeld-Hopping, um das es im Kern auch beim "Zinsmarkt" gehen wird, keine völlig neue Idee. Seit vielen Jahren nutzen Hunderttausende Deutsche spezielle Vergleichsportale wie Biallo.de oder fmh.de, um ihre Ersparnisse immer zu der Bank zu lotsen, die gerade die besten Zinskonditionen bietet.

Bis 2013 war es obligatorisch, dass die Anbieter zumindest über eine deutsche Dependance verfügten. Dann kamen Startups wie Weltsparen aus Berlin oder Zinspilot aus Hamburg und entwickelten technische Lösungen, die es deutschen Sparern ermöglichten, ihr Geld auch direkt bei ausländischen Banken zu parken. So kommt es, dass Anleger bei Zinspilot für 18-monatiges Festgeld bis zu 1,5 Prozent erhalten, während der Zins bei den meisten deutschen Banken längst bei null liegt.

Die Deutsche Bank greift bei ihrem "Zinsmarkt" auf die Technologie von Zinspilot zurück. Das heißt allerdings nicht, dass die Frankfurter Großbank einfach nur das Tool des Hamburger Fintechs in die eigenen Prozesse integriert und dann ihren Namen draufsetzt. Stattdessen soll die Plattform der Deutschen Bank technisch ausgereifter sein. "Bei uns legitimiert sich der Kunde nur einmal und wir erledigen auch die Steuermeldung. Da steht ein hoher technologischer Aufwand dahinter", sagt Digitalchef Markus Pertlwieser.

Daneben will sich die Deutsche Bank auch, was die Partnerbanken betrifft, deutlich von den Online-Plattformen abheben. Bei Weltsparen und Zinspilot finden sich etliche, meist süd- oder osteuropäische Banken mit mäßiger Bonität. Welche Risiken damit verbunden sind, zeigte sich 2014 bei der Schieflage der bulgarischen Fibank, die dank Weltsparen auch viele deutsche Kunden hatte. Die Sache ging letztlich glimpflich aus, weil die Fibank gerettet wurde. Trotzdem, so drückt es der Chef eines Finanz-Startups aus: "Die Deutsche Bank unterliegt ganz anderen Reputationsrisiken als wir Fintechs das tun. Auch darum braucht sie länger, um solche Produkte zu entwickeln."

"Bis zum Herbst werden wir die ersten ausländischen Banken auf unserer Plattform haben", sagt Pertlwieser von der Deutschen Bank. Dabei soll es sich allerdings nicht um irgendwelche No-Name-Institute handeln - sondern, so Pertlwieser: "Um solide, von uns selber ausgewählte Banken aus europäischen Kernländern." Der Schwerpunkt werde dabei auf Firmen- und Investmentbanken liegen. Hintergrund: Diese Institute betreiben häufig gar kein Einlagengeschäft für Retailkunden. Mithilfe der Deutschen Bank könnten sie auf das Geld hiesiger Sparer zugreifen, ohne dafür selbst ins Massengeschäft einsteigen zu müssen.

Unter Zeitdruck sieht sich Pertlwieser übrigens nicht. "Angesichts der Bedienerfreundlichkeit unserer Plattform sind wir weitgehend im Plan." Ohnehin befindet sich die Deutsche Bank in guter Gesellschaft: Die Sparkassen tüfteln mittlerweile seit weit mehr als einem Jahr an ihrer Smartphone-Bank Yomo herum. Und der bankeneigene Paypal-Klon Paydirekt brauchte auch eine gefühlte Ewigkeit, bis er endlich starten konnte. Digitalisierung geht offenbar nicht von heute auf morgen.

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