Deutsche Bank:Der Job, den keiner will

Aufsichtsratschef Paul Achleitner steht womöglich vor einer zweiten Amtszeit. Nach SZ-Informationen soll es keinen Gegenkandidaten geben.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Eines kann man Paul Achleitner wirklich nicht nachsagen: dass es dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bank an Ausdauer mangelt. Bereits auf der Hauptversammlung im Mai hatte er daher angekündigt, auch für eine zweite Amtszeit als Oberaufseher des Kriseninstituts zur Verfügung zu stehen. Und das, obwohl große Aktionäre schon damals hatten durchblicken lassen, ihn nicht noch einmal wählen zu wollen und auch der Applaus auf besagter Hauptversammlung eher dünn für ihn ausfiel.

Nun zeigt sich, dass Achleitner wohl doch das richtige Gespür hatte. Nach SZ-Informationen haben einflussreiche Anteilseigner zuletzt angedeutet, dass sie auf der kommenden Hauptversammlung keinen Gegenkandidat ins Rennen schicken wollen. Ihnen gegenüber habe Achleitner zudem signalisiert, für weitere fünf Jahre bereit zu stehen. "Im Moment ist die Lage der Bank viel zu schwierig; da kann man nicht auch noch den Aufsichtsratschef austauschen", hieß es bei einem Investor, der nicht genannt werden wollte. Außerdem wolle sich derzeit offenbar niemand diesen Job bei der Krisenbank antun, hieß es bei einem anderen großen Investor. Größte Aktionäre sind Mitglieder der katarischen Herrscherfamilie Al-Thani, die einschließlich Optionen zusammen auf knapp zehn Prozent der Anteile kommen, sowie der US-Vermögensverwalter Blackrock mit 5,15 Prozent. Gleichwohl hatten sich nach SZ-Informationen jüngst sogar einige Chefs anderer Dax-Unternehmen nach einem neuen Aufsichtsratschef umgehört. Das war im September, als der Aktienkurs der Bank auf ein Rekordtief gefallen war und die Angst umging, dass eine drohende Milliardenstrafe aus den USA die Bank in finanzielle Nöte bringen könnte. Obwohl die Industriechefs gar nicht an der Bank beteiligt sind, hatten sie dem Vernehmen nach bei Hans-Jörg Vetter vorgefühlt, der sich als Sanierer der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) einen Namen gemacht hatte. Dieser habe aber gleich abgewinkt, sagte ein Insider. Auch Axel Weber, Verwaltungsratschef der UBS, wurde zeitweise als Kandidat gehandelt.

Achleitner selbst hatte sich wohl kaum träumen lassen, jemals in diese Lage zu kommen, als er sich 2012 parallel zur Doppelspitze Anshu Jain und Jürgen Fitschen von der Hauptversammlung zum obersten Kontrolleur hatte wählen lassen. Es war die Krönung einer Karriere, die den heute 60-Jährigen zu einem der mächtigsten Männer der deutschen Wirtschaft machte. Zuletzt aber wurde auch der Österreicher für die Krise des Instituts verantwortlich gemacht. So warfen ihm Aktionäre auf der Hauptversammlung eine Mitschuld an der lange schleppenden Aufarbeitung der Altlasten vor. Zudem habe er zu lange an Investmentbanker Jain als Co-Chef festgehalten.

Mitte 2015 hatte er Jain durch den Briten John Cryan ersetzt, der nun versucht, die Bank zu sanieren. Klarheit wird Achleitner jedoch erst im Frühjahr haben. "Wir werden jetzt nicht einfach einen Persilschein ausstellen, wo noch so viele Themen ungelöst sind", zitierte die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag einen großen Anteilseigner.

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