Deutsche Bank:Auf der Suche nach dem Geschäftsmodell der Zukunft

Sie kürzen und kündigen: Das neue Führungsduo der Deutschen Bank ist ehrlich genug, die Probleme des Geldhauses einzugestehen. Nun müssen Jain und Fitschen zeigen, dass sie den angekündigten Kulturwandel ernst meinen - und mehr drauf haben als Sparen.

Alexander Hagelüken

Wenn eine Branche unter Druck steht, haben neue Vorstandschefs zwei Möglichkeiten. Sie können trotz der Herausforderungen abwarten und unpopuläre Schritte hinauszögern, um sich mit allen Beteiligten gut zu stellen. Oder sie können die harten Maßnahmen einleiten, die sie für nötig halten, die ihnen aber eine Menge Ärger einbringen.

Anshu Jain und Jürgen Fitschen Deutsche Bank

Anshu Jain (links) und Jürgen Fitschen: Das neue Führungsduo der Deutschen Bank hat einen Kulturwandel angekündigt.

(Foto: dpa)

Das neue Führungsduo der Deutschen Bank steht unter dem Druck der Krise und zahlloser Skandale der Finanzbranche - und wählt den zweiten Weg, in dem es massiv Kosten abbaut, was Widerstände auslösen wird.

Noch kann niemand sagen, ob Anshu Jain und Jürgen Fitschen gute Vorstandschefs sein werden. Aber eines scheinen sie auf jeden Fall zu sein: ehrlich genug, die Probleme der Branche einzugestehen.

Im Jahr fünf nach Ausbruch der Finanzkrise sind die Geldhäuser auf dem ganzen Globus nach wie vor auf der Suche nach dem Geschäftsmodell der Zukunft. Viele Banker ahnen, dass sie sich nicht mehr wie vor der Krise in den Himmel spekulieren können, weil sie dabei leicht in der Hölle landen - und die Steuerzahler mit ihnen.

Sie ahnen auch, dass die alleinige Rückkehr zum klassischen Kredit- und Kontenbusiness mit den Erwartungen an Gewinne und Gehälter kollidiert, die sich in der Branche gebildet haben. Und was erlauben die Aufsichten überhaupt noch? Diese Unsicherheit lässt sich bei der schrumpfenden Commerzbank genauso spüren wie bei den US-Investmentbanken, deren Gewinne im zweiten Quartal genauso zusammenschmolzen wie jetzt bei der Deutschen Bank.

Deutschlands größtes Geldhaus hat einigen Wettbewerbern einen strategischen Vorteil voraus. Der bisherige Vorstandschef Josef Ackermann steuerte nach der Finanzkrise schnell um und baute durch den Kauf der Postbank eine weitere Säule auf - durch all diese Kundengelder steht die Deutsche Bank sicherer da als mancher internationale Konkurrent. Entgegen mancher Befürchtungen scheint der gelernte Investmentbanker Jain dieses Standbein zu schätzen.

Die entscheidenden Fragen

Klar ist aber auch, dass Ackermanns Schwenk zur soliden Postbank nicht ausreicht, wenn die Deutsche Bank Weltspitze sein will. Das neue Führungsduo reagiert nun, in dem es die von Analysten lange als zu hoch kritisierten Kosten kürzt und mehr als jeden zehnten Investmentbanker kündigt. Das ist das Eingeständnis, dass manche Geschäftsfelder wie Fusionen oder Börsengänge womöglich noch länger schwach bleiben. Für manchen der hoch bezahlten Investmentbanker wird der Rausschmiss bitter sein, das Mitleid der Öffentlichkeit wird nach den zahllosen Exzessen dieser Spezies begrenzt bleiben.

Die entscheidenden Fragen kommen jetzt. Zum einen muss das neue Duo zeigen, dass es mehr drauf hat als Sparen - zum Beispiel Ideen, mit welchen Geschäften in Zukunft Geld verdient werden soll, ohne Risiken auf die Steuerzahler abzuwälzen. Und zum anderen ist unklar, womit der größte Teil der Kostenersparnis von drei Milliarden Euro erbracht werden soll. Vor allem durch weiteren Stellenabbau etwa in den Filialen? Oder zum Beispiel durch eine starke Reduzierung der Boni von bisher fünf Milliarden Euro?

Wenn es Jain und Fitschen mit dem angekündigten Kulturwandel wirklich ernst meinen, sollten sie die Boni für ihre Investmentbanker und Führungskräfte reduzieren, was sie bisher nur andeuten. Hier hat sich in der Finanzbranche eine schlechte Kultur der Überbezahlung entwickelt, die viele Akteure verleitete, für ihren kurzfristigen Profit Risiken einzugehen, die allzu oft die Allgemeinheit tragen musste.

Der gelernte Investmentbanker Jain steht seit seinem Amtsantritt unter Generalverdacht, weil seine Berufsgruppe maßgeblich die Finanzkrise verschuldete. Das zeigt in aller Deutlichkeit auch die Aufregung um die Libor-Zinsmanipulationen, in die im weiteren Sinne Jains Londoner Truppe verstrickt sein könnte.

Nun bietet sich Jain die Chance, zu zeigen, dass er wirklich verstanden hat, wie sich die Finanzbranche ändern muss - damit Banker irgendwann nicht mehr die bestgehasste Berufsgruppe sind. Dafür werden allerdings konkrete Taten etwa bei den Boni notwendig sein. Bisher gibt es vor allem Ankündigungen. Das ist ehrenhaft, aber nicht genug.

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