Deutsche Bahn:Postkrieg mit der GDL

Kanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück stellen sich hinter Bahnchef Mehdorn. Doch inzwischen werden neue Vorwürfe laut: Die Bahn hat Mails der GDL gelöscht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel will den umstrittenen Bahn-Chef Hartmut Mehdorn nach Informationen der Bild-Zeitung bis mindestens Mitte Mai im Amt halten. Dies meldet das Blatt unter Berufung auf Partei- und Regierungskreise. Ein Regierungssprecher sagte, er wolle dies nicht kommentieren - und verwies auf die Zuständigkeit des Bahn-Aufsichtsrates.

Merkel Mehdorn, Bahn, ddp

Hartmut Mehrdorn unter Druck - mal wieder

(Foto: Foto: ddp)

Laut Bild steht auch Finanzminister Peer Steinbrück zu dem umstrittenen Manager. Steinbrück (SPD) schätze Mehdorn als Befürworter der Teilprivatisierung der Bahn. Diese ist allerdings auf unbestimmte Zeit verschoben.

Der Bahnchef war am Freitag wegen neuer Vorwürfe in der Datenaffäre bei der Bahn unter Druck geraten. Die vom Aufsichtsrat zur Aufklärung der Datenaffäre eingesetzten Sonderermittler fanden heraus, dass die Bahn von 2005 bis 2008 die E-Mails der Belegschaft offenbar ständig nach Kontakten zu Gewerkschaften und Journalisten überprüfte. Darüber informierten die Sonderermittler, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG sowie die früheren Bundesminister Gerhart Baum (FDP) und Herta Däubler-Gmelin (SPD), am Freitag den Aufsichtsrat.

Danach sollen die E-Mails von 70.000 bis 80.000 Mitarbeitern jahrelang systematisch überwacht worden sein. Täglich sollen bei der Bahn 150.000 Mails kontrolliert worden sein. Es sei gezielt danach gesucht worden, ob bestimmte Journalisten auf diese Weise zu Informationen aus der Bahn gelangten. Es soll unter anderem um Reporter der tageszeitung, von Focus und der Süddeutschen Zeitung gegangen sein. Einen Rücktritt lehnte Mehdorn aber ab.

GDL-Mails nicht angekommen

Indes bestätigte die Bahn, dass das Unternehmen während des Lokführer-Streiks im Jahr 2007 auch den E-Mail-Verkehr von Mitgliedern der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) gelöscht hat. Die GDL-Mail sei aber nicht durch ein internes Filtersystem aufgespürt worden.

"Die Benutzung des Hauspostsystems durch die GDL für Streikaufrufe war rechtswidrig", sagte der Bahn-Sprecher zur Begründung. Durch die Massenmails der GDL habe es Probleme beim hausinternen Mailserver gegeben. Daraufhin sei entschieden worden, die E-Mails zu löschen. Der Bahn-Sprecher wollte keine Angaben dazu machen, wer diese Entscheidung getroffen hat.

Die GDL-Funktionäre hatten sich gewundert, dass ihre Mails nie ankamen.

Das systematische Filtern von täglich 145.000 E-Mails betraf auch einen Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Horst Friedrich (FDP) sowie Wissenschaftler und Verkehrsexperten. Die Überwachungen wurden erst im Oktober 2008 gestoppt.

In der Aufsichtsratssitzung stritt Mehdorn ab, von der Schnüffelaktion gewusst zu haben. Er vertritt die Auffassung, die Überprüfung sei rechtlich zulässig, da Mails nicht gelesen worden seien.

Die Gewerkschaft GDBA wirft Bahnchef Hartmut Mehdorn im Zusammenhang mit der Datenaffäre mangelndes Unrechtsbewusstsein vor. Es sei nicht mehr wichtig, welche Vorstandsmitglieder gewusst hätten, was passiert sei, sagte Gewerkschaftschef Dieter Hommel der Süddeutschen Zeitung. "Mehdorn muss die politische Verantwortung übernehmen. Er muss zurücktreten, und wenn er das nicht tut, muss er abgelöst werden. Ende der Durchsage."

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