Deutsche Bahn:Management fürchtet Einfluss der Politik

Die große Koalition will die Macht im Aufsichtsrat des Unternehmens ausbauen. Nach Angaben aus Koalitionskreisen steht im Kontrollgremium eine Neuordnung an, die den beteiligten Parteien mehr Mitsprache garantieren soll.

Von Markus Balser, Berlin

Die Hauptversammlungen der Deutschen Bahn zählen zu den eigenartigsten Veranstaltungen der deutschen Wirtschaft. Während bei Konzernen wie Eon oder der Deutschen Bank Tausende Aktionäre in großen Hallen stundenlang mit dem Management über die richtige Strategie diskutieren, passt das Bahn-Aktionärstreffen in einen Konferenzraum hoch oben in der Konzernzentrale am Potsdamer Platz. Dann sitzen sich nur zwei Hauptakteure gegenüber: Der Aufsichtsratschef der Bahn und der deutsche Verkehrsminister, denn alleiniger Aktionär ist die Bundesrepublik Deutschland. Das dauert in der Regel nicht mehr als eine halbe Stunde.

Es ist ein Treffen, das klar macht, wer wirklich das Sagen beim Staatskonzern Deutsche Bahn AG hat. Geht es nach der schwarz-roten Regierung, die an diesem Montag ihren Koalitionsvertrag unterzeichnen will, wird die Politik diesen Einfluss trotz heftiger Kritik wohl weiter ausbauen. Passieren könnte das bereits auf der nächsten Hauptversammlung des Konzerns in zehn Tagen. Denn nach Angaben aus Koalitionskreisen steht im Kontrollgremium eine Neuordnung an, die den beteiligten Parteien mehr Mitsprache garantieren soll. Demnach könnte mit Verkehrs-Staatssekretär Michael Odenwald nicht nur ein Ministerialbeamter an die Spitze des Gremiums rücken. Zudem sollen künftig alle Regierungsparteien mit Abgeordneten im Kontrollgremium vertreten sein. Bislang war das nur die SPD mit der Abgeordneten und Verkehrsexpertin Kirsten Lühmann. Zwar haben schon bislang auch die Ministerien für Verkehr, Wirtschaft und Finanzen je einen Emissär entsandt. Künftig aber sollen voraussichtlich auch Vertreter von CDU und CSU in den Aufsichtsrat einziehen können. Manager wie Ex-RWE-Chef Jürgen Großmann, Ex-Tui-Chef Michael Frenzel oder auch der frühere Bank-Manager Jürgen Krumnow müssten dann möglicherweise ihren Platz auf der Arbeitgeberseite des 20-köpfigen Gremiums räumen.

Der Einfluss der Politik bei der Bahn würde damit weiter steigen. In der Bahnführung sei man darüber nicht glücklich, heißt es aus dem Konzern. Bestätigt sehen dürfte sich damit der bisherige Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht. Er gibt sein Amt Ende dieses Monats auf - auch weil er schon zuletzt eine zu große Einflussnahme der Politik auf die Unternehmensstrategie und Personalentscheidungen kritisiert hatte. Unklar ist, ob der Chefposten des Aufsichtsrats zunächst kommissarisch oder dauerhaft besetzt werden soll. Bahn, Aufsichtsrat und Verkehrsministerium äußerten sich zu den Angaben nicht. Der Bahn machen derweil im Geschäft offenbar die Wetterkapriolen und eigene Pannen zu schaffen. Denn der Konzern verfehlte wohl sein Gewinnziel für das abgelaufene Geschäftsjahr 2017. Die Bahn will laut Nachrichtenagentur Reuters bei der Vorlage der Jahresbilanz am 22. März einen Gewinn vor Steuern und Zinsen von 2,15 Milliarden Euro vermelden. Das ist zwar ein Plus von rund 200 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Im Sommer hatte der Konzern aber noch mindestens 2,2 Milliarden Euro angekündigt. Schuld sind demnach die heftigen Herbst- und Winterstürme sowie die Sperrung der wichtigen Rhein-Trasse bei Rastatt nach einer Baustellen-Havarie. Auch für das kommende Jahr bleibt die Bahn vorsichtiger. Für 2018 erwartet sie nur noch einen Betriebsgewinn von 2,25 Milliarden Euro statt 2,5 Milliarden.

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