Deutsche Bahn in Sorge:Gefährliche Güterzüge

Die Aufsichtsbehörde fürchtet im Güterverkehr Entgleisungen mit fatalen Folgen, Schwachstellen sind abermals die Achsen. Auch die Bahn ist alarmiert.

Daniela Kuhr, Berlin

Sicherheitsrisiken im Güterverkehr haben das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) alarmiert: Die Behörde warnt vor möglichen Schäden an den Achsen bestimmter Güterwaggons. Bei zwei Bauarten könne der "Dauerfestigkeitsnachweis" bei einer Belastung von mehr als 20 Tonnen nicht mehr geführt werden, heißt es in einem Schreiben des Amts an sämtliche Eisenbahn-Unternehmen. Das EBA hat die europäischen Sicherheitsbehörden eingeschaltet.

Achsen, Güterwagen

Achsen eines Güterwagens: Bei zwei Bauarten könne der "Dauerfestigkeitsnachweis" bei einer Belastung von mehr als 20 Tonnen nicht mehr geführt werden, schreibt das Eisenbahn- Bundesamt.

(Foto: Foto: dpa)

In Europa könnten bis zu 600.000 solcher Achsen bei Güterwaggons im Einsatz sein. Auch die Güterverkehrssparte der Bahn verwendet sie - wie viele andere Unternehmen auch. Die Bahn verzichte aber vorsichtshalber auf eine Belastung mit mehr als 20 Tonnen, sagte eine Sprecherin. Anlass für das Schreiben des EBA war ein Achsenbruch bei einem Güterzug in Österreich im April. Zuvor hatte es ähnliche Vorfälle gegeben.

Das kann schwere Folgen haben, tragen doch Güterzüge auch giftige oder explosive Substanzen. Das Eisenbahn-Bundesamt hatte vor zwei Jahren schon einmal Alarm geschlagen und sämtliche Eisenbahnunternehmen aufgefordert, für einen sicheren Betrieb zu sorgen. Rost und Risse könnten zu Achsenbrüchen und Entgleisungen führen, schrieb das Amt damals.

"Erhebliche Gefahr"

Dann aber bestehe "die hohe Wahrscheinlichkeit der Kollision mit streckennahen Objekten wie Brücken, Tunnelportalen und Bahnsteigkanten und insbesondere auch mit dem Gegenverkehr". Das Eba sah eine "erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit" sowie für "Leib und Leben von Menschen".

Bei Kontrollen war dem Amt aufgefallen, dass beispielsweise durch Steinschlag verursachte Schäden an den Achsen teilweise nur mit Farbe überstrichen worden waren. Dabei müssten sie ausgebessert und erneut vor Rost geschützt werden. In dem neuen Schreiben jetzt wies das Amt die Unternehmen und die Halter von Schienenfahrzeugen nochmals an, alle "erforderlichen Maßnahmen" für einen sicheren Betrieb zu veranlassen.

Nicht nur im Güterverkehr sind die Achsen von Zügen eine Schwachstelle. Auch im Personenverkehr machen sie immer wieder Probleme. So war im Juli vergangenen Jahres in Köln ein ICE aus den Schienen gesprungen. Seither überprüft die Bahn die Züge der Baureihe zehnmal häufiger. Die Staatsanwaltschaft Köln will die Ermittlungen dazu "wahrscheinlich noch in diesem Monat" abschließen, sagte ein Sprecher.

Einbruch im Güterverkehr

Die Bahn plant unterdessen bereits für die Zeit nach der Wirtschaftskrise. Derzeit leidet das Unternehmen unter einem Einbruch im Güterverkehr. "Doch gerade jetzt sollten wir die Ausbauten machen, die wir für die Zukunft benötigen, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen", sagt der DB-Netz-Vorstandsvorsitzende Volker Kefer. Weil man langfristig erwarte, dass der Güterverkehr wieder zulege, will die Bahn die Leistungsfähigkeit ihres Netzes erhöhen.

Unter Nutzung vorhandener Strecken möchte sie zwei neue Schienenkorridore entwickeln: einen im Westen und einen im Osten. Dazu will sie einige Verkehrsknotenpunkte ausbauen, um den Regionalverkehr "ein Stück weit vom Güter- und Fernverkehr wegzurücken", sagt Kefer. Insgesamt koste dieses Wachstumsprogramm etwa 1,8 Milliarden Euro.

Über die Finanzierung spricht die Bahn derzeit mit dem Bund. Sie bekam zwar gerade erst in den beiden Konjunkturprogrammen 1,3 Milliarden Euro zugesprochen, doch kann sie das Geld für dieses Projekt nicht nutzen. Denn Auflage war, dass es bis Ende 2011 ausgegeben ist. Nur so kann es konjunkturfördernde Wirkung entfalten. Dieser Zeitraum ist aber zu kurzfristig, um das Wachstumsprogramm umsetzen zu können.

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