Kandidaten für den Turner-Prize:Kunst kommt von Blasen

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Aufblasbare Sex-Puppen beim Oral-Verkehr sind Kunst für ganz Arme. Doch den Bewerbern um den Turner-Preis ist wieder mal kein Mittel zu gering, mit erwartbaren Schocks auf sich aufmerksam zu machen. / Die Bilder.

Bernd Graff

Der Turner-Preis ist immer für einen Schenkelklopfer gut. Angeblich renommiert, kann der in ästhetischen Grundsatzfragen offenkundig nicht komplett abgedrehte Zeitgenosse darin erst einmal nur den festen Willen zum Budenzauber entdecken. Im letzten Jahr bezeichnete der damalige britische Kulturminister die Ausstellung denn auch als "kalten, konzeptionellen Bullshit".

Detail der Arbeit "Sex" von Jake und Dinos Chapman (Foto: Foto: AP)

So sind denn in diesem Jahr verfaulende Äpfel und Vasen mit schockierender Wirkung zu sehen, außerdem gehört ein hochdekorativer Marterpfahl und eine Lust-Matratze mit Blaskapelle zu den aussichtsreichsten Kandidaten.

Die Londoner Tate-Galerie präsentierte die nominierten "Werke" nun der Öffentlichkeit. Am Eingang wird Jugendlichen unter 16 Jahren allerdings dringend davon abgeraten, den Kunsttempel zu betreten. Es ekelt zu mächtig. Der Turner-Preis ist mit 20.000 Pfund (etwa 29.000 Euro) nur relativ gut dotiert´. Wesentlich ist daran vielmehr, ihn gewonnen zu haben.

Und so sorgen die Preisverleihungen regelmäßig für Aufregung. Weil anscheinend nur die Unverfrorensten in den Genuss kommen, ausgezeichnet zu werden. 1998 war es etwa eine aus Elefanten-Dung geformte Maria, 1995 ein eingelegtes Schaf.

Wie will man das toppen? Ganz einfach: Zu den Favoriten dieses Jahres zählen die Brüder Jake und Dinos Chapman, die aber bei ihrer Doppel-Installation die Hinweis-Schildchen vertauscht zu haben scheinen. So heißt die Plastikrabatte, auf der sich Sex-Dolls vergnügen, "Death", während der Baum mit verwesenden Körperteilen "Sex" betitelt ist. Zu dumm, da muss die Putzfrau wohl noch mal nachbessern. Aber nein, alles prätentiöse Absicht!

Große Chancen auch für Grayson Perry: Er töpfert Ming-Vasen mit Comic-Aufdruck, auf denen etwa unter dem Motto "Cunt Power" (keine jugendfreie Übersetzung!) der "getriebene Mann 2002" gefeiert wird. Auf einem anderen Gefäß ist dann auch schon mal "Nein, es geht nicht um Kinderschändung" zu lesen. Das Bäumchen von Anya Gallaccio kombiniert verrottende Äpfel mit Bronze, dahinter sind rote Gerbera-Blumen hinter Glas drapiert. Kommt rein Kinder, die Kunst wird welk.

Am 7. Dezember werden die Preisträger dann bekannt gegeben.

Namensgeber der Auszeichnung übrigens ist der Künstler JMW Turner, der zu seiner Zeit (1775 bis 1851) selbst für Kontroversen sorgte.

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