Deutsche Bahn: Hartmut Mehdorn:Sündenbock? Och nö...

Der ehemalige Bahn-Chef Mehdorn wehrt sich gegen den Vorwurf, das Unternehmen kaputtgespart zu haben. Derweil spielt Verkehrsminister Ramsauer den Konzernumbau durch.

Thomas Öchsner

Wenn der ehemalige Vorstandschef der Bahn, Hartmut Mehdorn, Zug fährt, sprechen ihn immer wieder andere Fahrgäste an. "Manche", sagt er, "denken komischerweise, ich sei noch immer Bahnchef." Der 68-jährige Manager, der bis 2009 zehn Jahre die Geschicke des Unternehmens führte, ist für viele Kritiker des Konzerns der Hauptverantwortliche für die Pannen bei der Bahn. Mehdorn, so ihr Vorwurf, habe den Staatskonzern für den geplanten Börsengang schön machen wollen, dafür das Schienennetz vernachlässigt und zu viele Stellen abgebaut. Verkehrsminister Peter Ramsauer, der nun einen Kurswechsel der Bahn vorbereitet, kritisiert: Es sei erstaunlich, "wie dieses System in der Zeit vor Vorstandschef Rüdiger Grube und mir auf Kante gefahren wurde". Die Bahn sei "aufs Renditegleis gesetzt worden". Ständiges Kurzfristdenken ruiniere aber irgendwann jedes Unternehmen, sagte Ramsauer im Hamburger Abendblatt. Nun schlägt der Ex-Bahnchef zurück.

Hartmut Mehdorn

Hartmut Mehdorn: "Mein Vorstand hat die Bahn nicht kaputtgespart, wir haben sie saniert."

(Foto: AP)

"Mein Vorstand hat die Bahn nicht kaputtgespart, wir haben sie saniert", ließ Mehdorn die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung wissen. Vor seinem Amtsantritt 1999 habe die Bahn Verlust gemacht, zum Ende seiner Amtszeit habe ein Gewinn von 2,4 Milliarden Euro gestanden. Außerdem könne keine Bahn der Welt jedem Katastrophenwetter trotzen. "Wenn Oberleitungen vereisen und brechen, steht der Zug still."

Das Grundproblem sieht Mehdorn vielmehr darin, dass es für die Infrastruktur der Bahn zu wenig Geld gebe. Der Bund habe nicht genug Mittel, um in das Schienennetz zu investieren. Wohl auch deshalb plant sein Kritiker Ramsauer einen Umbau des Staatskonzerns. So sollen Gewinne der Bahntochter DB Netz aus den sogenannten Trassenentgelten künftig nur in das Schienennetz fließen. Über Details des neuen "Eisenbahnpakets" werde derzeit mit dem Bahnvorstand verhandelt, heißt es im Spiegel. Ramsauer kündigte an, dieses Jahr etwa 3,9 Milliarden Euro in die Bahn stecken zu wollen.

Noch weiter gehen die Pläne in den Koalitionsfraktionen. Demnach streben ihre Verkehrspolitiker an, nur noch die Logistik- und Auslandssparte der Bahn zu privatisieren. Das lukrative Geschäft mit Netz- und Zugverkehr soll im Staatseigentum bleiben. "Der Zustand, dass der Bahnkonzern die Gewinne aus dem mit Steuermilliarden subventionierten Schienennetz dazu verwendet, im Ausland zu investieren, muss beendet werden", sagte der FDP-Experte Patrick Döring. Nach dem gescheiterten Börsengang sei eine Investitionsoffensive für Netz- und Personenverkehr nötig. Das Auslandsgeschäft habe nichts mit nationaler Verkehrspolitik zu tun, viel aber mit der "Großmannssucht" Mehdorns.

Am Mittwoch will Ramsauer erstmals konkrete Zahlen für die Zugausfälle und Verspätungen im Winter vorlegen. Nach Angaben seines Ministeriums sind 67,5 Prozent der Güterzüge pünktlich abgefahren. Im Personenverkehr soll ein Drittel der Züge Verspätungen gehabt haben. Etwa 110000 Kunden forderten bereits Geld für ihre Tickets zurück.

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