Deutsche Bahn:Als Bahnchef sind alle besser als Pofalla

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Ronald Pofalla wird nicht Chef der Deutschen Bahn. Der Aufsichtsrat wählte stattdessen Richard Lutz an die Spitze des Konzerns. (Foto: AFP)

Der neue Chef der Deutschen Bahn heißt jetzt Richard Lutz. Diese Wahl ist ein wichtiges Zeichen. Denn die Bahn braucht endlich weniger politische Einmischung.

Kommentar von Caspar Busse

Die Aufsichtsräte der Deutschen Bahn haben Richard Lutz an diesem Mittwoch zum neuen Chef des Staatsunternehmens gekürt. Natürlich sieht das erst einmal wie eine Notlösung aus, denn Lutz hatte zuletzt schon kommissarisch amtiert. Offenbar hat sich auf die Schnelle niemand aus der Wirtschaft gefunden, der sich den durchaus schwierigen Job antun will, der einen im Vergleich zur freien Wirtschaft eher niedrigen Lohn (Festgehalt bislang 900 000 Euro) akzeptiert und auch noch schnell zur Verfügung steht.

Aber einfache und schnelle Lösungen müssen nicht schlecht sein, sondern erweisen sich oft als gut. Die Ernennung von Lutz hat auch einen großen Vorteil: Damit wird die Berufung von Ronald Pofalla verhindert. Ganz unabhängig von der Frage, ob der ehemalige CDU-Politiker, der erst seit August 2015 im Bahn-Vorstand sitzt, die notwendige Qualifikation hätte (möglicherweise ja). Eine Berufung des langjährigen Kanzleramtschefs und Vertrauten von Angela Merkel wäre ein verheerendes Signal gewesen. Denn das Staatsunternehmen Deutsche Bahn braucht weniger Politik und nicht mehr. Es soll mehr nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt werden, nicht nach politischen Vorgaben.

Der Vorstandschef der Deutschen Bahn muss, wie jedes andere Unternehmen in der freien Wirtschaft, Handlungsspielraum haben und unabhängig entscheiden können, das ist auch für eine funktionierende Unternehmensführung wichtig. Ein Börsengang der Bahn allerdings, wie er ja lange geplant wurde, ist trotzdem ein Irrweg. Eine börsennotierte Bahn müsste sich dem Druck der Finanzmärkte beugen - vor allem dem Willen der dann zum Teil privaten Eigentümer, die auf eine hohe Ausschüttung und einen steigenden Aktienkurs setzen. Schon in der Vorbereitung des (später verworfenen) Börsengangs wurde nur an einer kurzfristigen Optimierung des Angebots gearbeitet, was sich nun rächt.

Finanzmann Lutz ist möglicherweise eine gute Wahl. Der Mann, der seit 23 Jahren bei der Bahn arbeitet, kennt das Unternehmen und die Zahlen besonders gut. Er wird genau wissen, wo die Probleme verborgen sind, wer mit wem kann und wer nicht. Er muss verhindern, dass die verschuldete Bahn zu einem Sanierungsfall wird, er muss gewährleisten, dass Gewinne erwirtschaftet werden. Möglicherweise ist es dabei von Vorteil, dass Lutz sich bisher nicht in die Öffentlichkeit gedrängt und dort positioniert hat. So kann er nun unbelastet anfangen. Größtmögliche Aufmerksamkeit haben die Bahn - und damit auch Lutz - ohnehin.

Auf den neuen Chef warten viele Probleme

Lutz ist erst der vierte Vorstandschef der Deutschen Bahn in den vergangenen 20 Jahren - und nach Johannes Ludewig, Hartmut Mehdorn und Rüdiger Grube endlich mal einer, der das Unternehmen mit seinen fast 300 000 Mitarbeiter bestens kennt. Vorgänger Grube hinterlässt ihm ein schwieriges Unternehmen. Der Güterverkehr ist in Problemen, der Personenverkehr auch. Immer wieder klagen die Kunden über fehlenden Service oder steigen auf Fernbusse um. Die internationale Expansion, etwa mit Arriva in den britischen Nahverkehr, bringt dem Kerngeschäft nicht viel.

Aber Lutz muss nicht nur sanieren. Er braucht vor allem eine Vision, wie die Bahn zu einem zentralen Bestandteil eines umfassenden Mobilitätskonzepts werden kann. Hat er die? Dazu kommt die Digitalisierung. Das Kaufen einer Fahrkarte etwa muss deutlich einfacher werden, der Kunde wieder im Mittelpunkt stehen. Nur so kann das Staatsunternehmen langfristig Erfolg haben.

Immerhin: Finanzexperten und Controller an der Spitze von Konzernen sind in Mode. Ob Joe Kaeser bei Siemens, Tim Höttges bei der Deutschen Telekom, Thomas Rabe bei Bertelsmann, Werner Baumann bei Bayer, sie alle waren - vor ihrer Beförderung an die Spitze - für Finanzen verantwortlich. Und sie haben sich in ihrem neuen Job bewährt.

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