Der Transrapid wird gebaut:"Dr Zoch kütt"

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Ministerpräsident Stoiber frohlockt, dem Transrapid zum Münchner Flughafen stehe angeblich nichts mehr im Wege. Doch die Rechnung enthält eine Luftbuchung.

Wolfgang Roth

"Dr Zoch kütt" heißt es in Köln, wenn der traditionelle Rosenmontagsumzug naht. Die Kosten des Spektakels werden leicht verschmerzt, sie sind den Lustgewinn allemal wert. "Der Transrapid kommt", tönt es nun aus München, aus der Staatsregierung und der CSU-Spitze. Er wird weit mehr als zwei Milliarden Euro kosten - ein teurer Spaß in Anbetracht der Tatsache, dass die Bahn gerade mal 37 Kilometer überbrückt, um einen Flughafen anzubinden.

Der ist jetzt schon so attraktiv, dass er ständig erweitert werden muss, obwohl er außer mit dem Auto nur mit einer Rumpel-S-Bahn zu erreichen ist. Es soll nun der "endgültige Durchbruch" (Ministerpräsident Edmund Stoiber) sein, nachdem es vorher schon mal den Durchbruch an sich gab.

Dies ist aber nur die Einigung über die Finanzierung einer Summe, von der jeder weiß, dass sie unrealistisch niedrig angesetzt ist. Der endgültige Durchbruch kann sowieso erst verkündet werden, wenn die Planfeststellungsverfahren positiv abgeschlossen und die gerichtlichen Anfechtungen gescheitert sind. Dass man ein Projekt schon auf dem Gleis wähnt, sobald die Bezahlung gesichert zu sein scheint, ist fast schon normal, entspricht aber nicht dem Respekt vor dem Prinzip der Gewaltenteilung.

Stoibers Frohlockung

Der scheidende Ministerpräsident des Landes frohlockt, dieser Schritt sei nun nicht mehr rückgängig zu machen. Es ist aber eben nur ein Schritt, noch dazu ein stolpernder. Schon in dem Betrag von 1,85 Milliarden Euro ist eine Luftbuchung enthalten - 50 Millionen Euro von der Europäischen Union. Dass die EU für die Anbindung eines Flughafens an der Stadt-Peripherie Geld aus dem Fördertopf für transnationale Netze ausschüttet, wäre dann aber doch seltsam.

Wer den Kopf für die künftigen Kostensteigerungen hinhalten wird, ist nicht Bestandteil dieser Einigung. Ein Festpreis der Industrie für den bisherigen Kostenrahmen existiert nicht, das wäre unverantwortlich gegenüber den Aktionären dieser Unternehmen. Festpreise wird es erst nach den Planungsverfahren geben. Die Lücke, die sich dann auftut, werden die Steuerzahler schließen - aller Voraussicht nach mit den Mitteln, die der Freistaat zu verwalten hat.

Die bayerische SPD-Spitze wird den Transrapid nicht verhindern; sie hat ihn früher befürwortet und würde ihn vielleicht immer noch begrüßen, wenn sie eine Chance zur Regierungsverantwortung hätte. Der Bundesrechnungshof hätte zwar allen Grund zum Protest, aber die Politik ist abgehärtet gegen Kritik von dieser Seite. Die Grünen nennen den Transrapid eine "Bonzenschleuder" - ein Begriff aus dem antikapitalistischen Setzkasten. Solange das Fliegen so billig ist, muss man aber kein Bonze sein, um sich im Rahmen des Urlaubs eine Fahrt mit der Schwebebahn leisten zu können. Dass sich der Betrieb auf Dauer über die Preise finanzieren lässt, ist beim Transrapid übrigens so wenig zu erwarten wie bei einer S-Bahn.

Minimaler Zeitvorteil

Kein Mensch kann bestreiten, dass hier eine faszinierende Technik zur Anwendung käme. Alle, die einmal mit dem Transrapid schweben durften, schwärmen von einem interessanten Erlebnis. Ein "technologischer Leuchtturm" entstünde in München aber nicht: Interessant ist auch eine Fahrt im Riesenrad. Die neuartige Bahn muss in Mitteleuropa in ein dichtes Schienennetz der Eisenbahn integriert und in die gewachsenen Stadtstrukturen eingepflanzt werden. Das Ganze ist sündteuer und könnte deshalb nur gerechtfertigt werden, wenn es entscheidende Vorteile hätte. Die paar Minuten Gewinn gegenüber einer Express-S-Bahn fallen nicht ins Gewicht.

Außerdem ist das Argument obsolet geworden, die Magnetschwebebahn müsse irgendwo ihre Alltagstauglichkeit zeigen, um international der Renner zu werden. Sie fährt in Schanghai, kann dort jederzeit von Interessenten besichtigt werden, ohne dass sie bisher Nachahmer gefunden hätte. Es reicht eben nicht aus, dass faszinierende Technik in der Welt ist, sie braucht auch den Bedarf und den Nachweis, ein zukunftsweisendes und bezahlbares Verkehrssystem zu sein.

Wenn die Befürworter des Transrapid ins Schwärmen kommen, bekommen sie glänzende Augen wie Männer an ihrer Modelleisenbahn; dann ist kein Wort zu groß. Der CSU-Fraktionschef Joachim Hermann nennt ihn ein "verkehrspolitisches Leitprojekt" von regionaler und internationaler Bedeutung. Das ist er gerade nicht. Ziel einer modernen Verkehrspolitik muss es jedenfalls in Deutschland und Europa sein, möglichst viele Menschen, möglichst viele Güter von der Straße auf die Schiene zu bekommen. Was Bund und Land für den Transrapid investieren, fehlt aber im Nahverkehr, auf den regionalen und nationalen Eisenbahnstrecken, wo mit einer so gewaltigen Summe mehr Wirkung zu erzielen ist. Dass bei einem Scheitern Geld aus der Bundeskasse unwiderruflich verloren ist, zeigt das Grundproblem: Man finanziert Leuchttürme, knausert aber beim Netz in der Fläche.

Natürlich: Geld ist nicht alles, und für das wunderbare Dach des Münchner Olympiastadions hätte es auch eine billigere Alternative gegeben. Ein Wunder, das so viel kostet wie der Transrapid, braucht aber schon gewaltigen Zuspruch aus der Bevölkerung.

© SZ vom 26.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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