Der Metro-Boss im Gespräch:"Im Januar gibt es Rabattaktionen statt Preiserhöhungen"

Er ist der Boss von MediaMarkt, Saturn, Kaufhof und Real: Metro-Vorstand Hans-Joachim Körber. Im SZ-Interview spricht er über die neue Mehrwertsteuer und neue Konzepte der Metro-Gruppe.

Hans-Willy Bein und Stefan Weber

Wer teure Anschaffungen erst im nächsten Jahr tätigt, macht nach Einschätzung von Hans-Joachim Körber trotz der höheren Mehrwertsteuer keinen Fehler. Der Chef des größten deutschen Handelskonzerns prognostiziert, dass sich der Einzelhandel viel einfallen lassen wird, um die im Januar 2007 erwartete Nachfragedelle auszugleichen. Am Abend könnten die Geschäfte künftig nur öffnen, wenn die Mitarbeiter auf Zuschläge verzichteten.

Der Metro-Boss im Gespräch: Der Vorstandsvorsitzende der METRO Group, Hans-Joachim Körber

Der Vorstandsvorsitzende der METRO Group, Hans-Joachim Körber

(Foto: Foto: dpa)

SZ: Herr Körber, die Metro-Aktie ist derzeit an der Börse gefragt wie lange nicht mehr. Ist das ein Hinweis darauf, dass es im Weihnachtsgeschäft richtig brummt?

Körber: Für Euphorie besteht kein Grund. Wir erwarten ein normales Weihnachtsgeschäft, das bei höherpreisigen Waren in ausgewählten Bereichen davon profitiert, dass manche Kunden mit Blick auf die bald höhere Mehrwertsteuer Anschaffungen vorziehen.

SZ: Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels verbreitet mehr Zuversicht. Dort wird ein um zwei Prozent besseres Weihnachtsgeschäft prognostiziert. Bleibt die Metro hinter diesem Tempo zurück?

Körber: Ich halte diese Prognose für sehr optimistisch. Der Einzelhandel wird voraussichtlich einen leicht höheren Umsatz verbuchen als im Vorjahr - in realen Zahlen ist das ein Nullwachstum.

SZ: Bei welchen Artikeln ist für die Kunden Eile geboten, weil die Preise aufgrund der Mehrwertsteuer im Januar deutlich höher sind?

Körber: Es gibt in dieser Situation kein einheitliches Verfahren nach dem Motto: Alle Preise steigen um x Prozent. Das Sortiment der Metro Group umfasst in Deutschland etwa eine Million Artikel, und die Frage nach dem künftigen Preis wird für jedes Produkt unterschiedlich zu beantworten sein. Am Ende werden sich Handel, Hersteller und Kunden die Belastung in irgendeiner Form teilen.

SZ: Eine Suppe, die heute 0,99 Euro kostet, kostet künftig 1,01 Euro?

Körber: Nein, denn Lebensmittel sind von der Mehrwertsteuererhöhung ausgenommen. Aber auch bei Non-Food ist es so, dass 80 bis 90 Prozent aller Preise an einer Neun hängen. Deshalb werden sich mit der höheren Mehrwertsteuer für viele Artikel neue Schwellenpreise bilden. Aber jedem muss klar sein, dass der Handel mit einer Umsatzrendite von ein bis zwei Prozent die Steueranhebung nicht alleine schlucken kann.

SZ: Viele Händler geben derzeit das Versprechen, die Mehrwertsteuererhöhung nicht weiterzugeben. Mit welchen Preisaktionen kann der Kunde zu Beginn des nächsten Jahres rechnen?

Körber: Ich bin überzeugt, dass wir ab Januar im Handel eher Rabattaktionen erleben als steigende Preise. Zu Jahresbeginn wird sehr aggressiv geworben werden.

SZ: Also macht derjenige einen Fehler, der teure Anschaffungen noch im Dezember erledigt?

"Im Januar gibt es Rabattaktionen statt Preiserhöhungen"

Körber: Wenn der Verbraucher sich streng rational verhalten würde, müsste er beispielsweise ein neues Auto in den ersten Monaten 2007 kaufen. Denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass er dann mit Rabatten trotz höherer Mehrwertsteuer weniger bezahlen muss als im vierten Quartal 2006, wo alle kaufen.

SZ: Überall ist von Aufschwung die Rede. Und die Marktforscher registrieren eine gute Konsumstimmung. Nur im Einzelhandel kommt davon offensichtlich nichts an.

Körber: Konsum hat sehr viel mit Stimmung und der Einschätzung der eigenen Zukunft zu tun. Umfragen zeigen, dass die Bundesbürger nach wie vor mit Sorge in die Zukunft schauen. Das ist nicht verwunderlich. Schließlich sind die großen Fragen in der Arbeitsmarkt-, Steuer- und Gesundheitspolitik nach wie vor nicht beantwortet. Das hinterlässt bei vielen Menschen den Eindruck, dass sie künftig weniger Geld im Portemonnaie haben.

SZ: Aber die Situation auf dem Arbeitsmarkt bessert sich. Mehr Menschen haben einen Job. Damit steigt die Kaufkraft. Das müsste den Handel beflügeln.

Körber: Wenn eine Million Menschen mehr in Arbeit wären, würde dies die Situation für den Handel deutlich verbessern. Aber auch dann gilt: Wachstumsraten von drei, vier Prozent sind im deutschen Handel kaum mehr zu erreichen. Es gibt immer wieder Firmenkonjunkturen, insgesamt bewegt sich die Branche aber in einem weitgehend gesättigten Umfeld.

SZ: Kann die Freigabe des Ladenschlusses daran etwas ändern?

Körber: Das Bild ist noch sehr uneinheitlich, weil in den Bundesländern verschiedene Lösungen gelten. Soviel ist jedoch schon zu sagen: In den großen Städten sind die Auswirkungen positiv.

SZ: Führt die Liberalisierung der Öffnungszeiten dazu, dass die Läden künftig bis 22 Uhr öffnen, die Kunden aber morgens vor geschlossenen Türen stehen?

Körber: Wir werden zu flexibleren Öffnungszeiten kommen. Es ist denkbar, dass Läden am Montagvormittag nicht öffnen, dafür aber am Freitag und Samstag bis 22 Uhr. Die Kunden werden andere Verhaltensweisen beim Einkauf entwickeln. Das passiert aber nicht von heute auf morgen.

SZ: Dort, wo es gesetzlich möglich ist, öffnen viele Händler schon im Weihnachtsgeschäft auch am Abend. Im Januar, Februar wird sich dies möglicherweise nicht mehr lohnen.

Körber: Wir werden nach Weihnachten ein erstes Fazit ziehen. Um dauerhaft zu entscheiden, wie wir unsere Häuser künftig öffnen, ist allerdings eine Testphase von mindestens einem halben Jahr nötig. Vor allem aber brauchen wir Klarheit über die Entlohnung der Mitarbeiter in den Abendstunden.

SZ: Noch erhalten Mitarbeiter, die nach 20 Uhr arbeiten, einen Zuschlag von 50 Prozent ...

"Im Januar gibt es Rabattaktionen statt Preiserhöhungen"

Körber: Wenn es dabei bleibt, kann es sich kein Händler leisten, seinen Laden am Abend zu öffnen. Wir müssen zu anderen Tarifregelungen kommen.

SZ: Die Arbeitgeber haben den Manteltarifvertrag gekündigt und fordern einen Verzicht auf die Zuschläge. Die Gewerkschaft Verdi hält diesen Punkt für nicht verhandelbar. Wo könnte eine Kompromisslinie verlaufen?

Körber: Das ist Sache der Tarifparteien.

SZ: Kommen wir zu Metro. In Deutschland geht es kaum noch voran. Selbst langjährige Wachstumsträger wie Media Markt und Saturn legen nur noch zu, weil sie ständig neue Märkte eröffnen.

Körber: Media Markt und Saturn gewinnen kontinuierlich Marktanteile - das war auch in diesem Jahr der Fall. Weil wir in Deutschland weitere Märkte eröffnen, machen wir uns selbst Konkurrenz. Das ist ein Begleiteffekt der gewollten Verdichtung unseres Standortnetzes. Auch künftig werden die beiden Vertriebsmarken in Deutschland neue Märkte eröffnen. Es gibt keinen Grund, das Tempo zu drosseln. Gleichwohl liegt der Expansionsschwerpunkt mittlerweile außerhalb Deutschlands, wo Media Markt und Saturn schon heute rund 50 Prozent ihres Umsatzes erwirtschaften.

SZ: Anders ist die Situation beim Kaufhof. Das Warenhausgeschäft tritt auf der Stelle.

Körber: Kaufhof ist in einem schwierigen Segment tätig. Wir arbeiten an einer kontinuierlichen Verbesserung der Margen im Warenhausgeschäft, unter anderem durch die Optimierung unserer Sortimente. Dabei sind wir auf einem guten Weg. Aber unbestritten ist das Warenhausgeschäft eines der schwierigsten Felder, auf denen wir tätig sind.

SZ: Abgesehen von den aktuellen Problemen - hat das Warenhaus überhaupt eine Zukunft?

Körber: Das Warenhaus ist ein unverzichtbarer Bestandteil des innerstädtischen Ensembles. Wenn es sich im Zeitgeist bewegt und attraktive Sortimente anbietet, wird das Warenhaus auch noch in 125 Jahren Erfolg haben.

SZ: Nach den jüngsten Veränderungen im Kaufhof-Management wird über eine Ablösung von Vorstandschef Lovro Mandac spekuliert. Mit welcher Führungsmannschaft wird der Kaufhof versuchen, seine Ertragskraft zu verbessern?

Körber: Wir haben eine gute Mannschaft. Personalgerüchte kommentieren wir nicht.

SZ: Ausländische Investoren haben derzeit großes Interesse an deutschen Handelsimmobilien. Metro hat das in diesem Jahr genutzt, um Standorte von Kaufhof und Praktiker zu veräußern. Vor zwei Wochen haben Sie einen Käufer für die Immobilien der Kaufhalle gefunden. Werden bald weitere Pakete zum Verkauf geschnürt?

Körber: Wenn es attraktive Angebote gibt, dann schauen wir uns das an. Wir haben jedoch eine Liste derjenigen Standorte erstellt, von denen wir uns auf keinen Fall trennen. Wenn das Geschäft sehr eng mit dem Standort verbunden ist, sei es aus historischen Gründen oder aufgrund der besonderen Exklusivität der Lage, hat Eigentum für uns höchste Priorität. Die Königsallee 1 in Düsseldorf beispielsweise bekommt man nicht wieder. Wenn der Eigentümer ein solches Haus plötzlich anders nutzen will, muss man als Mieter ausziehen. Dann ist das Geschäft weg.

SZ: Im Sommer hat Metro die 85 deutschen Standorte von Wal-Mart übernommen. Zu welchen Bereinigungen wird es kommen?

Körber: Noch in diesem Jahr fällt die Entscheidung, welche Standorte wir weiterbetreiben, welche wir schließen und welche wir an Mitbewerber abgeben. Die ersten fünf Märkte haben wir bereits auf das Real-Konzept umgestellt, bis zum Sommer nächsten Jahres folgen alle weiteren Häuser, die bei Real verbleiben. Sie können davon ausgehen, dass dies die ganz überwiegende Mehrheit der übernommenen Wal-Mart-Standorte sein wird. Die beiden Unternehmenszentralen werden nach einer Übergangsphase in Mönchengladbach zusammengeführt.

SZ: Real ist die Vertriebslinie, die Metro derzeit die meisten Probleme bereitet. Der Umsatz war in den ersten neun Monaten rückläufig; bis Ende September war ein Verlust von 41 Millionen Euro aufgelaufen.

Körber: Real arbeitet hart daran, wieder auf die Erfolgsspur zu kommen. Die ersten Real-Märkte sind auf ein neues Konzept umgestellt, und die Reaktionen der Kunden sind positiv. Sobald die Details des neuen Marktauftritts geklärt sind, wird dieses Konzept auf alle Standorte übertragen. Damit wird Real wieder zu seiner Ertragskraft früherer Tage zurückkehren, also einer Umsatzrendite von etwa drei Prozent. Das wollen wir bis 2009 erreichen.

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