Der Mannesmann-Prozess:Von A bis Z

Der spektakulärste Wirtschaftsprozess in der Bundesrepublik wird neu aufgerollt. Das Mannesmann-ABC gibt einen Überblick über die Beteiligten, fasst zusammen, was bisher geschah und wie es weitergeht:

A wie Ackermann Der prominenteste Angeklagte, Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, hält den Prozess eigentlich für eine Zumutung. "Das ist das einzige Land, wo die, die erfolgreich Werte schaffen, deswegen vor Gericht stehen", schimpfte er beim Prozessauftakt. Sein Victory-Zeichen im Düsseldorfer Gerichtssaal wurde zum Sinnbild für Arroganz von Topmanagern.

B wie Bundesgerichtshof Der Bundesgerichtshof (BGH) machte dem Banker jetzt einen Strich durch die Rechnung und hob die Freisprüche des Düsseldorfer Landgerichts auf. Die von Ackermann gebilligten Prämienzahlungen für Mannesmann-Manager erfüllten nach Auffassung der Richter den Tatbestand der Untreue.

C wie Comeback Ein Comeback wie aus dem Bilderbuch erlebt damit die Staatsanwaltschaft. Sie hatte Ackermann, aber auch dem früheren Mannesmann-Chef Klaus Esser und vier anderen Angeklagten vorgeworfen, die milliardenschwere Übernahme von Mannesmann durch Vodafone benutzt zu haben, um Managern und Ex-Vorständen ungerechtfertigte Abfindungen in Höhe von 57 Millionen Euro zuzuschieben. In erster Instanz war die Anklagebehörde damit gescheitert. Vor dem BGH konnte sie nun verlorenen Boden gutmachen.

E wie Esser Das dürfte neben Ackermann vor allem Esser ärgern. Esser erhielt nach seiner Niederlage im Übernahmekampf gegen Vodafone Prämien plus Abfindungen in einer Gesamthöhe von mehr als 30 Millionen Euro.

G wie Geschenke Letztlich geht es in dem Verfahren aber auch um die künftige Bezahlung von Managern in Deutschland. Bereits bei der mündlichen Anhörung hatte der BGH nachträgliche Prämien an ausscheidende Unternehmenslenker als unzulässige "Geschenke" in Frage gestellt. Dies sorgte für Unruhe in der Wirtschaft. Ein faktisches Verbot solcher Bonuszahlungen könne zu einem Problem für den Standort Deutschland werden, warnten bekannte Manager.

I wie Internationales Echo Vor allem im angelsächsischen Raum stieß der Mannesmann-Prozess auf Unverständnis. Ex-Vodafone-Chef Chris Gent etwa hielt das Verfahren gegen Esser und Co. Für völlig unangemessen.

M wie Mannesmann Der Mannesmann-Konzern machte in den 90er Jahren eine atemberaubende Wandlung durch. Der Stahlriese sicherte sich die erste private Mobilfunklizenz Deutschlands und wurde binnen weniger Jahren zu Europas größtem privaten Telekommunikationskonzern. In der größten Übernahmeschlacht der Wirtschaftsgeschichte sicherte sich Vodafone Anfang 2000 für 180 Milliarden Euro das Sagen beim Düsseldorfer Unternehmen. Heute lebt der Name Mannesmann nur noch bei den Mannesmann-Röhrenwerken fort, einer Tochter der Salzgitter AG.

N wie Neuauflage Mit seiner Entscheidung hat der BGH den Weg für eine Neuauflage des Mannesmann-Prozesses freigemacht. Damit müssen Ackermann und Co. Aller Voraussicht nach noch einmal auf der Anklagebank des Düsseldorfer Landgerichts Platz nehmen. Allerdings ist mit dem Verfahren nach Angaben eines Justizsprechers wegen Überlastung des Düsseldorfer Gerichts erst in der zweiten Jahreshälfte 2006 zu rechnen. Theoretisch könnte die Staatsanwaltschaft die Verfahren aber auch gegen eine Geldbuße einzustellen. Die Angeklagten wären dann nicht vorbestraft.

P wie Prämien Scharfe Kritik übte der BGH am Selbstwertgefühl der Topmanager wie es in den Millionenprämien zum Ausdruck kommt. Der Vorsitzende Richter Klaus Tolksdorf warf den Wirtschaftsführern vor, sie hätten die "Bodenhaftung verloren", wenn sie meinten, "so viel geleistet zu haben, dass Abfindungen in dieser Höhe lediglich wohl verdienter Lohn für ihre Leistung sei".

R wie Rücktritt Spekulationen um einen möglichen Rücktritt Ackermanns im Falle einer Neuauflage des Mannesmann Prozesses gehörten in den vergangenen Tagen zum Lieblingsthema in Frankfurter Bankentürmen. Bei der Deutschen Bank hat inzwischen offenbar die Suche nach einem Nachfolger begonnen. Aufsichtsratschef Rolf Breuer sagte der "Financial Times Deutschland": "Ich habe meine Denkkappe auf."

S wie Shareholder Value Shareholder Value - die strikte Orientierung an den Interessen der Aktionäre - war die Zauberformel für die Mannesmann-Spitze. Nicht der Erhalt des über 100 Jahre alten Traditionsunternehmens stand deshalb beim Handeln der Manager im Vordergrund, sondern der Versuch, möglichst große Wertsteigerungen für die Aktionäre zu schaffen. Das gelang, denn der Mannesmann-Kurs stieg innerhalb weniger Jahre um 1.300 Prozent.

U wie Untreue Den Angeklagten wird nicht Käuflichkeit vorgeworfen, sondern Untreue in einem besonders schweren Fall beziehungsweise Beihilfe dazu. Untreue begeht derjenige, dem etwa als Firmenvorstand oder Aufsichtsrat fremdes Vermögen anvertraut ist, wenn er die ihm eingeräumte Macht vorsätzlich missbraucht.

V wie Verbotsirrtum Das Düsseldorfer Landgericht hatte den Angeklagten zugebilligt, bei der Genehmigung der 3-Millionen-Euro-Prämie für den Ex-Mannesmann-Aufsichtsratschef Joachim Funk einem unvermeidbaren Verbotsirrtum erlegen zu sein. Nach Paragraf 17 des Strafgesetzbuches kann niemand bestraft werden, dem die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun.

Z wie Zwickel Der frühere IG Metall-Chef Klaus Zwickel spielte im Mannesmann-Skandal von Anfang an eine unglückliche Rolle. Erst leugnete er, über die Millionenprämie informiert gewesen zu sein, musste aber später einräumen, sie zwar nicht gebilligt, aber durch seine Stimmenthaltung erst möglich gemacht zu haben.

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