Der Mann hinter IKEA:"Ich habe einfach zu viel zu tun, um zu sterben"

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Ikea-Gründer Kamprad pflegt das Bild des netten bodenständigen Provinzlers - dabei ist er nicht unumstritten. An diesem Donnerstag wird der Milliardär und viertreichste Mann der Welt 80 Jahre alt.

Gunnar Herrmann

Das Wichtigste in seinem Leben sei seine Familie, hat Ingvar Kamprad einmal gesagt. Und die Familie bestehe aus fünf Personen, vier echten und einer juristischen.

Am Anfang verkaufte er Streichhölzer: Ingvar Kamprad. (Foto: Foto: dpa)

Der schwedische Unternehmer rechnet neben seiner Frau und seinen drei Kinder auch Ikea zur Sippschaft. Wobei Ikea schon vor den anderen in Kamprads Leben getreten ist und außerdem wohl die meiste Zuwendung erfahren hat.

Ratlosigkeit in Älmhult

Doch wenigstens an diesem Donnerstag, an Kamprads 80. Geburtstag, soll die Beziehung zum Möbelkonzern ruhen. Der Firmengründer hat sich in einem Schreiben an die Mitarbeiter ausdrücklich alle Feiern und Glückwünsche verbeten.

Ob, wo und wie er seinen Geburtstag feiert, kann auch in Älmhult niemand sagen, dem Ort, wo Teile der Konzernleitung ihren Sitz haben und wo einst das erste große Ikea-Möbelhaus eröffnet wurde.

Das war 1958, und seitdem ist das Unternehmen so erfolgreich gewachsen, dass Ingvar Kamprad vor kurzem in der Liste der reichsten Männer der Welt vom sechsten auf den vierten Platz vorrückte. Seine Geschichte hat Kamprad oft selbst erzählt.

Sie beginnt in den dreißiger Jahren auf dem Bauernhof seiner Eltern im schwedischen Småland, wo die Äcker karg und die Leute arm, aber fleißig sind. Diese Leute besuchte der Schuljunge Ingvar mit dem Fahrrad und verkaufte ihnen Streichhölzer.

Einfach, sparsam, bescheiden

Später bot er auch Kugelschreiber, Uhren oder Nylonstrümpfe an, und 1943, mit 17 Jahren, gründete Ingvar Kamprad vom Hof Elmtaryd im Dorf Agunnaryd seine Firma: Ikea.

Das Unternehmen entwickelte sich zunächst zu einem florierenden Postversand. 1951 kam der erste Ikea-Katalog heraus, den damals noch der Milchmann verteilte.

Nach ein paar Jahren spezialisierte sich Kamprad auf Möbel, und bald darauf ging er dazu über, Schränke, Tische und Regale als Bausätze zu liefern, um Frachtkosten zu sparen. Eine Idee, die weltweit Erfolg hatte. Heute erscheint der Ikea-Katalog in 20 Sprachen und hat eine Auflage von 160 Millionen Stück.

Allein in diesem Geschäftsjahr ist die Eröffnung von 19 bis 20 neuen Ikea-Märkten geplant, zum Beispiel in Tokio, Detroit und Koblenz. Große Teile der Konzernleitung sitzen mittlerweile im Ausland. Trotzdem gilt Ikea nach wie vor als die schwedische Firma schlechthin.

Die Legende vom Småländer

Ähnlich ist es mit Kamprad. Der wohnt zwar seit den siebziger Jahren in einem Dorf bei Lausanne in der Schweiz, trotzdem erscheint er in den Medien immer als typischer Småländer, der einfach, sparsam und bescheiden lebt.

Unzählige Anekdoten haben dieses Bild geprägt: Milliardär Kamprad fährt einen 15 Jahre alten Volvo. Er reist nur zweiter Klasse. Wenn er sich aus der Hotel-Minibar eine Cola nimmt, dann ersetzt er sie mit einer Dose aus dem Supermarkt, weil die billiger ist.

Die letzte Anekdote hat Kamprad allerdings dementiert: Er habe in seinem ganzen Leben noch nie etwas aus einer Minibar getrunken. Aber die Idee mit der Supermarkt-Dose sei "verdammt gut".

Kamprads Wertvorstellungen und Selbstdisziplin haben ihm in Schweden den Ruf eines "guten Kapitalisten" eingetragen. Und das in einem Land, in dem Kapitalismus oft sehr kritisch gesehen wird.

Die Nazis unterstützt

Auf die Frage, warum er so geizig sei, antwortet er meist, er müsse ein gutes Beispiel für die Mitarbeiter abgeben. Sparsamkeit, Eigenverantwortung und Fleiß - auf diese Eigenschaften werde bei der Bewerberauswahl am meisten geachtet, verkündet der Konzern.

Chefposten werden gerne mit Leuten besetzt, die ihre Ikea-Karriere - wie der Gründer - als einfache Möbelverkäufer begonnen haben. Kamprad ist fester Teil der Firmenkultur, auch wenn er dort nur noch als Senior-Berater arbeitet.

Eine der schlimmsten PR-Krisen für Ikea war es deshalb, als 1994 bekannt wurde, dass der Firmengründer, dessen Großeltern deutsche Einwanderer waren, während des Zweiten Weltkrieges schwedische Nazi-Organisationen unterstützt hatte.

Kamprad meisterte die Krise mit Offenheit: Er entschuldigte sich umgehend in einem handschriftlichen Brief an seine Mitarbeiter für "die größte Dummheit" seines Lebens. Außerdem beauftragte er einen Fachmann damit, alle Details aus seiner Nazi-Vergangenheit auszugraben und der Presse zur Verfügung zu stellen.

Keine Angst vor dem Tod

Die enge Bindung zwischen Kamprad und Ikea hängt auch damit zusammen, dass er sich stets weigerte, sein Unternehmen an die Börse zu bringen.

Er wollte es als Familienkonzern erhalten. Ein Problem war allerdings, dass er den menschlichen Mitgliedern seiner Familie nicht recht traut. Mehrfach hat Kamprad öffentlich an der Eignung seiner Kinder für das Möbelgeschäft gezweifelt.

Deshalb hat er sein Imperium in ein kompliziertes Netzwerk von Firmen aufgeteilt, Haupteigentümer ist eine holländische Stiftung. Mit dieser Konstruktion hofft Kamprad, den Fortbestand der Ikea-Kultur weit über sein Lebensende hinaus zu sichern. Vor dem Tod habe er keine Angst, sagte er kürzlich in einem Interview, "aber ich habe einfach zu viel zu tun, um zu sterben."

© SZ vom 30.3.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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