Der Fall Siemens/AUB:IG Metall stellt Strafantrag gegen Unbekannt

Die IG Metall macht ihre Ankündigung wahr - und stellt heute im Fall Siemens gleich an zwei Orten Strafanzeige gegen Unbekannt. Es geht um die Organisation AUB. Die Gewerkschaft wirft dabei dem Konzern die Begünstigung der dort aktiven arbeitgeberfreundlichen Betriebsräte vor.

"Wir haben den Verdacht und Indizien dafür, dass die AUB durch das Unternehmen Siemens finanziert wurde, um eine Art Gegen-Gewerkschaft zur IG Metall aufzubauen", sagte der Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Peters, in Frankfurt am Main.

Der Fall Siemens/AUB: IG-Metall-Chef Jürgen Peters macht ernst: Die Gewerkschaft verklagt Siemens.

IG-Metall-Chef Jürgen Peters macht ernst: Die Gewerkschaft verklagt Siemens.

(Foto: Foto: dpa)

Die IG Metall sei dadurch möglicherweise in ihrer Arbeit und bei Betriebsratswahlen benachteiligt worden. "Durch die Klage wollen wir endlich Transparenz haben", sagte Peters weiter.

Die von ihm geleitete Gewerkschaft stellte Strafantrag gegen Unbekannt - und zwar einmal in Nürnberg/Fürth und des Weiteren bei der Staatsanwaltschaft München I. Die Anwälte von IG Metall wollen in Kürze die Sache abschließen.

Das Betriebsverfassungsgesetz stellt die Begünstigung von Betriebsräten und Eingriffe in Betriebsratswahlen unter Freiheits- und Geldstrafe.

Gezielte Zuwendungen

Bereits Ende der vergangenen Woche mehrten sich die Anzeichen dafür, dass die Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB) über ihren in Untersuchungshaft sitzenden Bundesvorsitzenden Wilhelm Schelsky von Siemens gezielte Zuwendungen für ihre Verbands- und Betriebsratsarbeit erhielt.

Nach Informationen der SZ aus Kreisen, die mit dem Fall befasst sind, hat Schelsky unter ausdrücklichem Hinweis auf bevorstehende Betriebsratswahlen und den damit verbundenen höheren Kostenaufwand bei der AUB bei Siemens um einen finanziellen Nachschlag zu seinem üblichen Honorar gebeten.

Bislang bestreiten Siemens und Schelsky jedwedes verstecktes AUB-Sponsoring.

Der frühere Betriebsratschef Schelsky hat von Siemens Beraterhonorare in zweistelliger Millionenhöhe erhalten und damit nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler die AUB teilweise finanziert.

"Straftatbestand"

"Wir halten das für einen Straftatbestand, den wir nicht hinnehmen wollen. Wir wollen auch nicht den Eindruck aufkommen lassen, dass wir so etwas dulden", hatte IG-Metall-Chef Peters bereits am vergangenen Donnerstag gesagt.

Die Gewerkschaft wolle auf dem rechtlichen Weg Druck machen, damit die Angelegenheit aufgeklärt wird. "Wenn sich ein Unternehmen eine Arbeitnehmer-Organisation aufbaut, die sich gegen die IG Metall formiert, kann doch keiner erwarten, dass wir zuschauen", hatte Peters weiter gesagt.

Die AUB habe die gewerkschaftliche Arbeit bei Siemens behindert und an einigen Standorten Entscheidungen der IG Metall blockiert.

"System einer Anti-Gewerkschaft"

"Da wurde ein System einer Anti-Gewerkschaft aufgebaut", sagte Peters. Daher sei dieser Fall auch mit der VW-Affäre nicht vergleichbar. "Dort ist ein Betriebsrat in nicht akzeptabler Weise wie ein Manager behandelt worden und hat mit diesem Status Missbrauch getrieben", so Peters am Donnerstag.

Der IG-Metall-Chef wollte nicht mutmaßen, ob der frühere Siemens-Vorstands- und nunmehrige Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer von den mutmaßlichen Zahlungen an die AUB Kenntnis hatte. "Ich kann das derzeit nicht bewerten. Ich kann nicht sagen, ob ihm das entgangen ist, und ich habe keine Beweise, dass er davon gewusst hat", sagte Peters.

Nach Angaben aus Konzernkreisen hatte die Arbeitnehmerseite Siemens gebeten, sich an der Strafanzeige zu beteiligen. Der Konzern werde voraussichtlich keine Klage in der AUB-Affäre erheben, hieß es aus Unternehmenskreisen. Bei der Aufklärung der Affäre um Lustreisen bei Volkswagen hatte der VW-Konzern selbst im Juli 2005 die Initiative ergriffen und Strafanzeige gegen einen ehemaligen Personalmanager gestellt.

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