Der Fall Kopper:Die Kontrolle verloren

Gegen Kopper wird ermittelt: Er soll als DaimlerChrysler-Aufsichtsrat den Ex-Kollegen bei der Deutschen Bank von dem bevorstehenden Rücktritt Schrempps berichtet haben. Auch früher schon geriet er wiederholt in die Schlagzeilen.

Karl-Heinz Büschemann

Es wird nicht ruhig um Hilmar Kopper, den Aufsichtsratsvorsitzenden von DaimlerChrysler und früheren Vorstandssprecher der Deutschen Bank. Immer wieder war Kopper, der von 1990 bis 1997 Bankchef war, in die Schlagzeilen geraten.

Jetzt gibt es wieder Ärger, nur zwei Monate vor seinem 70. Geburtstag. Staatsanwälte ermitteln gegen Kopper weil er gegen Insiderregeln verstoßen haben soll. Noch bevor Daimler-Vorstandschef Jürgen Schrempp Ende Juli des vergangenen Jahres seinen Abschied offiziell ankündigte, soll Kopper sein Wissen darüber ausgeplaudert haben; die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Schempps größter Bewunderer

Kopper, der als zupackend und wenig zimperlich gilt, eckt nicht zum ersten Mal an. Oft wunderte er sich darüber, dass seine Worte mächtigen Ärger machten.

Der schlimmste Ausrutscher passierte dem Banker, dem man die Herkunft aus einer ostpreußischen Großgrundbesitzerfamilie ansieht und der als einziger Nichtakademiker 1977 in den Vorstand der wichtigsten deutschen Geldhauses einzog, als er 1994 das Wort des Jahres prägte: Die Deutsche Bank hatte sich gerade damit blamiert, dass sie dem Baulöwen Jürgen Schneider ziemlich leichtfertig Kredite von 1,2 Milliarden DM gewährt hatte.

Da seien die 50 Millionen DM, welche die Handwerker von dem windigen Pleitier noch forderten, doch nur "Peanuts", sagte Kopper öffentlich - und galt seitdem als arroganter Groß-Banker, dem die Belange von Kleinbetrieben gleichgültig seien.

Schon zuvor waren unter Koppers Regie einiges schief gelaufen. Etliche Unternehmen, an denen die Deutsche Bank beteiligt war, gerieten in massive Krisen - zum Beispiel die Metallgesellschaft.

Das schadete dem Image des größten deutschen Geldhauses, und dass es seinerzeit in diesem Land eine lebhafte Debatte über die Macht der Banken gab, lag zu einem guten Teil auch an Koppers gelegentlich unsensiblen Äußerungen.

Dabei hat der Nachfolger von Alfred Herrhausen, der im November 1989 von Terroristen ermordet worden war, die Bank erheblich entwickelt. Er kaufte Versicherungsbeteiligungen, sicherte dem Geldinstitut im Jahr 1990 mit der Übernahme der in der DDR gegründeten Deutschen Kreditbank den Zugang nach Ostdeutschland, übernahm in den USA einen Teil des Finanzdienstleisters ITT Corp. und machte die Deutsche Bank zum einzigen Branchenvertreter von internationalem Format.

Aber oft verhielt sich Kopper nicht so, wie es seiner Funktion entsprochen hätte. Wenn es um die Einhaltung sauberer Bank- und Führungsprinzipien ging, blieb Kopper gelegentlich das nötige Verantwortungsbewusstsein schuldig.

Als der Essener Krupp-Konzern im Jahr 1997 den Düsseldorfer Konkurrenten Thyssen unfreundlich übernahm, hatte die Deutsche Bank beste Kenntnisse über die Verhältnisse. Sie beriet Krupp, obwohl eines ihrer Vorstandsmitglieder im Thyssen-Aufsichtsrat saß - ein klarer Interessenkonflikt. Auch Koppers Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender von Autohersteller DaimlerChrysler war gelegentlich undurchsichtig.

Kopper steht im Ruf, viel zu nachsichtig mit dem machtvollen Vorstandsvorsitzenden Schrempp umgegangen zu sein. Es scheint so, dass Kopper den hemdsärmeligen Automann geradezu bewunderte, der wie er selbst keine akademische Vergangenheit hat und es dennoch ganz nach oben schaffte. Schrempp hatte 1998 durch der Aufsehen erregenden Übernahme des US-Autoherstellers Chrysler Neuland betreten und einen deutsch-amerikanischen Superkonzern geschmiedet.

Kopper war von Schrempps Plänen einer Welt AG so begeistert, dass er den Daimlerchef bedingungslos unterstützte, obwohl diese Strategie für die Aktionäre - also auch die Deutsche Bank, die etwas zehn Prozent hielt - finanziell ein Desaster war. Der Banker nannte Schrempp bewundernd den "Maximo Lider".

Eine wirksame Kontrolle des Vorstandes durch den Aufsichtsrat gab es kaum. Kopper ließ sich mit immer neuen Versprechungen über den Fortgang der Fusion abspeisen und duldete, dass Schrempp den Weltkonzern nur mit einer Hand voll Vertrauter führte.

Kopper half sogar mit einem Trick, das Aktiengesetz zu überdehnen, als er 2001 seinem Schützling den Chefvertrag früher verlängerte als erlaubt. Schrempp trat einfach kurzfristig zurück und bekam flugs einen neuen Vertrag.

Daher ist jetzt die Frage interessant, ob Kopper im vergangenen Jahr gegen das Insidergesetz verstoßen hat, als sich Schrempps Ende als Konzernchef intern abzeichnete. Sollte die Deutsche Bank vor der Öffentlichkeit vom Führungswechsel in Stuttgart gewusst haben, könnte sie daraus wirtschaftlichen Vorteil gezogen haben. Ein harter Vorwurf.

Das würde auch Kopper selbst so sehen. Als die deutschen Insidergesetze Anfang der neunziger Jahre verschärft wurden, hatte er noch erklärt: "Das ist kein Kavaliersdelikt. Wer gegen Insiderregeln verstößt, gehört in den Knast."

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