Dax-Konzerne:Nett sein zum Aktionär

Die Unternehmen schütten diesmal mehr aus, obwohl die Gewinne sanken. Ob es zu einem Rekord reicht, ist unklar - alles hängt an VW.

Von Harald Freiberger

Alles hängt an VW. Die tiefe Krise des Wolfsburger Autobauers bringt in diesem Jahr die Dividenden-Berechnung bei den 30 Dax-Konzernen durcheinander. Eigentlich steht um diese Jahreszeit schon immer fest, wie viel die Unternehmen für das vergangene Jahr an ihre Aktionäre ausschütten. VW lässt sich wegen der vielen Unwägbarkeiten damit aber bis Ende April Zeit. Und deshalb gibt es bisher nur eine Bilanz mit 29 Dax-Konzernen.

Es ist eine stolze Bilanz, die zeigt, dass die wirtschaftliche Lage bei den großen deutschen Konzernen gut ist und dass sie immer mehr an ihre Aktionäre denken. Immerhin haben 24 der 29 Konzerne die Dividende im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Insgesamt schütten sie 29,2 Milliarden Euro aus, das entspricht einer Steigerung um sechs Prozent. Drei Unternehmen halten die Dividende konstant: Eon, die Deutsche Post und der neu in den Dax aufgenommene Immobilienkonzern Vonovia. Bei zwei Konzernen sinkt die Dividende, und zwar gleich auf null: bei der Deutschen Bank und bei RWE.

Die Dividenden spiegeln wider, wie es den Unternehmen geht. RWE und Deutsche Bank machten im vergangenen Jahr Milliarden-Verluste, an eine Ausschüttung an die Aktionäre ist deshalb nicht zu denken. Bei Lufthansa und Commerzbank geht es dagegen aufwärts, sie zahlen nach vorherigen Nullrunden wieder eine Dividende, die Commerzbank sogar erstmals seit sieben Jahren.

Die höchste Ausschüttung in absoluten Zahlen leistet für 2015 Daimler mit 3,5 Milliarden Euro, ein Drittel mehr als im Jahr davor. Der Stuttgarter Autobauer verdrängt damit den Vorjahressieger Allianz von der Spitze, der in diesem Jahr 3,3 Milliarden Euro ausschüttet. Die Gewinne aller 29 Konzerne gingen deutlich zurück, um zehn Prozent auf 50,8 Milliarden Euro. Auch das lag vor allem an den hohen Verlusten von Deutscher Bank und RWE. Die Ausschüttung von knapp 30 Milliarden Euro bedeutet, dass 60 Prozent der Gewinne an die Aktionäre fließen.

Martin Steinbach, Aktienexperte der Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young), warnt vor zu hohen Ausschüttungen: Sie könnten die Handlungs- und Zukunftsfähigkeit der Unternehmen gefährden. "So wichtig eine kontinuierliche Dividendenpolitik ist - die Unternehmen sollten gerade angesichts der unsicheren Konjunkturentwicklung vor allem in den Schwellenländern und angesichts absehbar hoher Investitionen nicht übertreiben", sagt er. Das ist die Kehrseite des Anlagetrends Dividende: Was an die Aktionäre geht, kann nicht mehr investiert werden.

Eine hohe Dividendenrendite muss auch nicht immer darauf hindeuten, dass ein Unternehmen prächtig dasteht. Bestes Beispiel dafür ist der Energiekonzern Eon, der wegen der Energiewende ebenfalls in der Krise steckt. Dass er mit 5,8 Prozent im Dax an der Spitze steht, liegt vor allem daran, dass der Kurs bei konstanter Dividende stark eingebrochen ist.

Ob die 30 Dax-Konzerne bei den Ausschüttungen wie im Vorjahr wieder einen Rekord aufstellen, steht noch nicht fest. Es hängt allein an VW. Die 29,2 Milliarden Euro sind zwei Prozent weniger als im Vorjahr. Fährt VW eine Nullrunde, und darauf deutet einiges hin, gibt es diesmal keinen Rekord.

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