Datenspeicherung:Tausendmal schneller

Lesezeit: 3 min

Schneller, kleiner, besser: Intel verbessert seine Chips seit Jahren. (Foto: David Hecker/ddp)

Die beiden Chiphersteller Intel und Micron präsentieren einen neuen Super-Chip, der mit bestechenden Fähigkeiten aufwartet und die digitale Welt revolutionieren könnte.

Von Helmut Martin-Jung, München

Das Wettrennen dauert schon Jahre, und das Ziel ist: Wer schafft es als Erster, Computerchips zu entwickeln, mit deren Hilfe die ganze Branche endlich einen großen Schritt weiterkommt. Das Problem: Die Menge an Daten wächst so schnell, dass herkömmliche Speicher einfach zu langsam sind, um Daten zum Hauptprozessor zu schaufeln, wo sie verarbeitet werden.

Die Chiphersteller Intel und Micron scheinen in diesem Wettbewerb, in dem es auch um Milliarden Dollars geht, die Nase vorne zu haben. Die beiden Konzerne stellten am Dienstag eine neue Technologie für Speicherchips vor, die mit bestechenden Fähigkeiten aufwartet: 3D X Point, gesprochen Cross Point, ist um den Faktor Tausend schneller als die schnellsten Speicherfestplatten, die man heute in Computer stecken kann. Und nicht nur das, er hält auch tausendmal mehr Zugriffe aus und lässt sich zehnmal kleiner bauen und dabei auch noch zu vertretbaren Kosten fertigen. Mehr als zehn Jahre haben Intel und Micron an dem Thema geforscht, das Schwierigste war, die richtigen Materialien zu finden, sagt Rob Crooke, der Leiter des Bereichs nichtflüchtige Speicher bei Intel.

Denn mit 3D X Point haben die beiden Firmen eine gänzlich neue Klasse von Computerspeichern entwickelt. Der Unterschied: Während bei herkömmlicher Technik Elektronen eingefangen oder freigegeben werden und Transistoren so ihren Zustand zwischen zwei Zuständen hin- und herschalten können, 0 oder 1, ändern sich bei der neuen Technologie die Eigenschaften des gesamten Materials.

Um welches Material es sich dabei handelt, verrieten die beiden Firmen ebenso wenig wie viele andere Details. Fest steht aber: "Die Chips werden in unserer Fabrik in Utah bereits produziert", sagt Ken Furnanz, der von Deutschland aus im 3D X Point-Entwicklungsteam mitarbeitete. "Die Chips sind real, gegen Ende des Jahres werden wir die ersten Muster ausliefern, 2016 dann die ersten Produkte an Endkunden."

"Viele dachten, das wäre unmöglich und würde sich nicht lohnen, es zu verfolgen."

Und was können die dann damit anfangen? Hätte Apple die Präsentation gehalten, wären die Besucher von mitreißenden Videos emotional gepackt und begeistert worden. Bei Intel und Micron, den technologielastigen Herstellern, nahm sich alles sehr nüchtern aus - doch das Potenzial der neuen Technik sollte man nicht unterschätzen. Die ersten Chips werden 16 Gigabyte an Daten speichern können, eine gängige Größe für Smartphones. Ein Smartphone mit einem tausendfach schnelleren Speicher - es wäre ein Hochleistungsrechner.

"Die Welt der Elektronik wird sich verändern", versprach Mark Duran, Chef von Intels Partner bei diesem Projekt, der Firma Micron. Profitieren werden vor allem Anwendungen, bei denen es auf Erkennung von Mustern ankommt, zum Beispiel Gesichtserkennung, aber auch Computerspiele, die damit einen weiteren Schritt in Richtung Realität machen können.

Besonders interessiert werden in jedem Fall die Anbieter von Big-Data-Lösungen sein. Denn gerade hier kommt es darauf an, große Mengen an Daten so schnell wie möglich zum Prozessor und wieder zurück zu liefern. Nur so können aus den Datenbergen, die mit nahezu beängstigender Geschwindigkeit wachsen, fast in Echtzeit Informationen gewonnen werden. Wer hier gut ist, erhöht seine Chancen beträchtlich, in der datengetriebenen Welt der Zukunft als Firma zu überleben.

Wie die neue Technologie genau funktioniert, dazu haben Intel und Micron nicht allzu viel verraten - schon um der Konkurrenz keine Angriffspunkte zu bieten. Soviel immerhin wurde klar: Die einzelnen Speicherzellen bestehen aus einem einzigen Stück des geheimnisumwitterten Materials, verbunden sind sie über Metallbrücken. Das besondere daran: Während bei der bisherigen Technik Speicherzellen immer nur blockweise angesprochen werden können, lassen sich hier einzelne Zellen auswählen.

"Das ermöglicht uns, mehr Daten bei geringeren Kosten zu verarbeiten", sagt Intel-Mann Crooke. Und Mark Duran sekundiert: "Viele dachten, das wäre unmöglich und würde sich nicht lohnen, es weiter zu verfolgen." Die ersten Produkte werden noch ziemlich bescheidenes Format haben - 16 Gigabyte - aber die beiden Firmen sind sich sicher, dass die Technik es ermöglich, künftig mehr Ebenen einzuziehen und noch dichter zu packen.

Auch andere Firmen forschen an Speichertechnologien, die mit dem rasenden Datenwachstum mithalten können. Hewlett Packard etwa verfolgt eine Memristor genannte Technik, die noch schneller wäre als 3D X Point, ist bisher allerdings nicht über das Laborstadium hinausgekommen. Auch die beste Technologie muss eben irgendwann marktreif werden, sonst schlägt die Stunde der Konkurrenz.

© SZ vom 29.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: