Datenschutz:Schutzschild für die Privatsphäre

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Die EU und Europa einigen sich auf neue Regeln, um Daten besser gegen den Zugriff von Behörden abzuschirmen.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Am Ende ging es schneller als erwartet, aber der Druck war auch hoch, der auf beiden Seiten lastete. Schließlich bewegen sich europäische und amerikanische Unternehmen derzeit beim Datenaustausch in einem rechtlichen Graubereich. Nun wird es dafür demnächst einen neuen Rechtsrahmen geben. Auf ein entsprechendes Abkommen hätten sich EU und USA geeinigt, sagte EU-Justizkommissarin Vera Jourova am Dienstag in Straßburg. Was bis-her unter der Bezeichnung Safe Harbor, also sicherer Hafen lief, erhält ein anderes Etikett: Privacy Shield, also Schutzschild für die Privatsphäre. Ob es haltbarer ist als das alte, wird sich weisen; Datenschützer äußerten starke Zweifel.

Die neue Vereinbarung war nötig geworden, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die seit 2000 geltende Safe-Harbor-Regelung im Oktober gekippt hatte. In den USA seien Informationen nicht ausreichend vor dem Zugriff von Behörden und Geheimdiensten geschützt, befanden die Luxemburger Richter und gaben damit einer Klage des österreichischen Datenschutzaktivisten Max Schrems statt. Nach den Enthüllungen des US-Whistleblowers Edward Snowden in der NSA-Affäre hatte die EU-Kommission das Abkommen schon ausgesetzt. Sie musste nun im EU-Auftrag mit Vertretern der amerikanischen Regierung über eine neue Regelung verhandeln. Europas Datenschutzbehörden hatten dafür eine Frist bis zum 31. Januar gesetzt. Noch am Montagabend hatte Jourova eingeräumt, dass die Gespräche mit US-Handelsministerin Penny Pritzker "nicht einfach" seien. Offenbar konnten offene Fragen aber noch in der Nacht ausgeräumt werden.

"Wir haben uns mit den US-Partnern auf einen neuen Rahmen mit den richtigen Gegengewichten für EU-Bürger verständigt", sagte der für Digitales zuständige EU-Vizekommissionspräsident Andrus Ansip. Demnach sagen die USA zu, dass die Weitergabe von Informationen europäischer Bürger an US-Internetriesen wie Facebook und Google beschränkt wird und klaren Bestimmungen unterliegt. Ein "allgemeiner Zugriff" solle nicht mehr möglich sein. Im US-Außenministerium wird sich zudem ein Ombudsmann um Beschwerden von EU-Bürgern über die mögliche Überwachung durch US-Geheimdienste kümmern. Ein jährlicher Bericht von EU-Kommission und EU-Handelsministerium soll sicherstellen, dass die neuen Regeln eingehalten werden. Auch Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste aus den USA müssten sich klaren Bestimmungen unterwerfen, sagte Jourova. Die US-Regierung werde dazu schriftliche Zusagen geben. EU-Bürger erhielten zudem erstmals Zugang zu US-Gerichten, wenn sie ihre Rechte durch dortige Internetfirmen verletzt sehen. Wenn Firmen gegen die Bestimmungen verstoßen, sollen sie von der Liste derjenigen Konzerne gestrichen werden, die unter das Abkommen fallen.

Mehr als 4000 Unternehmen waren über die Safe-Harbor-Abmachung abgesichert gewesen. Sie mussten lediglich der US-Handelskommission FTC versichern, dass sie Datenschutzstandards auf EU-Niveau einhalten würden. Tatsächlich griffen US-Sicherheitsbehörden massiv auf diese Daten zu.

Schrems, der das EuGH-Urteil erstritten hatte, sprach auf Twitter von einem "Bullshitbingo". Jan Philipp Albrecht, Europaabgeordneter der Grünen, bemängelte, dass die EU-Kommission nun nur auf Basis von Erklärungen der US-Regierung die Dinge anders einschätze als im Oktober 2015. Die Details seien völlig unklar. Die Einigung sei "ein Witz". Die Vereinbarung habe schwere Mängel, erklärte auch die Gruppe European Digital Rights. Man greife auf neue rechtliche Instrumente zu, die aber genauso wirkungslos seien.

Laut Jourova wird es "einige Wochen" dauern, eine rechtliche Regelung zu erarbeiten. Danach muss das Verhandlungsergebnis noch von Vertretern der EU-Staaten bestätigt werden, auch das Europaparlament hat Prüfrechte. Jourava rechnet damit, dass das neue Abkommen in drei Monaten in Kraft tritt.

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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