Datenerfassung im Job:Von Ampeln und Algorithmen

Wenn Firmen Daten ihrer Mitarbeiter erfassen, muss das nicht immer von Übel sein. Die Gefahr von Missbrauch ist aber hoch.

Von Helmut Martin Jung

Die Fortschritte in der Computertechnik und bei Algorithmen machen es heute möglich, die zunehmende Flut an Daten mit künstlicher Intelligenz nach immer mehr Kriterien auszuwerten. Mails lassen sich nach allerhand Merkmalen absuchen, es reichen dazu auch schon die Metadaten, der Inhalt muss gar nicht geprüft werden. Anhand des Stimmprofils lässt sich erkennen, ob jemand aufgeregt ist oder nicht.

Ein Nachteil muss das nicht zwingend sein. Wenn also beispielsweise eine Software misst, wer gerade eine Menge Arbeit an der Backe hat und mit einer Ampel anzeigt, dass der oder die tunlichst nicht noch mehr aufgeladen bekommen sollte, kann das durchaus sinnvoll sein. Zumal, da es Mitarbeiter nicht benachteiligt, die es weniger gut als andere schaffen, eine Aufgabe auch mal abzulehnen. Ob das funktioniert, hängt aber davon ab, wie zuverlässig die Daten sind, auf deren Grundlage die Ampel Grün, Gelb oder Rot zeigt.

Oder ein System, das Vertriebsmitarbeitern in Callcentern hilft, bessere Verkaufsgespräche zu führen. Es kann die Zufriedenheit der Angestellten erhöhen, wenn sie ein neutrales Feedback dazu bekommen, wie sie sich in ihrem Job schlagen - in vielen Firmen gilt ja der eiserne Grundsatz "Nichts gesagt ist genug gelobt". Auch wer als Arbeitgeber Fitnessbänder an seine Belegschaft ausgibt, kann damit das Betriebsklima verbessern.

Doch die Sache schlägt auch schnell ins Gegenteil um. Wer sich abrackert wie verrückt und dessen Ampel trotzdem auf Grün steht, fühlt sich womöglich überfordert und nicht richtig verstanden. Wenn die Chefs bei den Mitarbeitern im Callcenter jedes Gespräch aufzeichnen und ihnen haarklein ihre Defizite vorhalten, dann fühlen sich die Mitarbeiter unwohl. Kein Schritt, den sie unbeobachtet tun können, immer sollen sie sich beherrschen und schön auf Linie bleiben. Es wird sehr darauf ankommen, dass auch echte Intelligenz in die Lösung der Frage gesteckt wird, wie man Mitarbeiter nicht bloß kontrolliert, sondern dafür sorgt, dass sie ihren Job gut und gerne machen.

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