DaimlerChrysler:Kampf um Überstunden

Zur raschen Fertigstellung der Bilanzen machten die DaimlerChrysler-Buchhalter im Januar regelmäßig Überstunden. Nun stellt sich der Betriebsrat gegen diese Praxis.

Dagmar Deckstein

Von Tag zu Tag mehr Arbeit schieben die 240 DaimlerChrysler-Mitarbeiter vor sich her, die eigentlich in den kommenden Wochen die Jahresbilanz des Autokonzerns zusammenstellen sollten.

Wenn sie nicht rechtzeitig fertig werden, könnte eine schwere Blamage auf das Unternehmen im Allgemeinen und Konzernchef Dieter Zetsche im Besonderen zurollen: Der Betriebsrat der Verwaltungszentrale stellt sich nämlich quer und will die nötigen Überstunden und Wochenendschichten für die Finanzbuchhalter nicht genehmigen.

Im ungünstigsten Fall müsste DaimlerChrysler die für den 14. Februar geplante Bilanzvorlage und die Hauptversammlung am 4.April verschieben, was zudem Kosten in Millionenhöhe verursachte.

Freiwillige Überstunden

Damit das nicht passiert, sind am vergangenen Wochenende eine Reihe von Buchhaltern freiwillig in der Firmenzentrale erschienen, um die Bugwelle von Arbeit nicht zu hoch werden zu lassen.

Erstmals seit 15 Jahren hat der Betriebsrat der Verwaltungszentrale auf stur geschaltet und pochte kurz vor Weihnachten darauf, dass die Geschäftsführung das formale Verfahren für die Genehmigung von Überstunden einhält.

All die Jahre zuvor war es Usus im Konzern, dass die Bilanzspezialisten zunächst einmal den ganzen Januar hindurch Überstunden schoben. Nach Abschluss der Bilanz stimmten die Arbeitnehmervertreter dann stets pauschal der Mehrarbeit zu, die für die Mitarbeiter finanziell durchaus attraktiv ist.

Betriebsrat macht Druck

Diesmal aber will der Betriebsrat das gewohnte Procedere nicht durchgehen lassen. Jörg Spies, Betriebsratsvorsitzender der Verwaltungszentrale, beruft sich darauf, dass sich die Zeiten geändert hätten.

Seit Dieter Zetsche verkündete, allein in Deutschland sollten bis 2008 mehr als 3500 Verwaltungsstellen gestrichen werden, und das Unternehmen zudem noch eine Verlagerung ins billigere Ausland plant, sei das Betriebsklima auf einem Tiefpunkt angelangt. Deshalb werde jede Forderung nach Mehrarbeit penibel geprüft.

Mit seinem Verhalten will der Betriebsrat auch Druck auf die bevorstehenden Verhandlungen ausüben, die Anfang Februar zur geplanten Verlagerung bestimmter Aufgaben wie Rechnungslegung oder Provisionsabrechnungen nach Prag anstehen.

Protest gegen Stellenabbau

Im Zuge der Verwaltungsreform will DaimlerChrysler solche dezentral über viele Standorte verteilten Dienstleistungen künftig in Stuttgart, Wörth und Prag bündeln. Der Betriebsrat argumentiert nun, dass der Standort Prag vom Tisch müsse.

Eine Unternehmenssprecherin kritisiert hingegen, dass hier zwei verschiedene Themen unzulässig miteinander verquickt würden. Nun soll das Arbeitsgericht am Dienstagnachmittag entscheiden, ob eine Einigungsstelle eingerichtet wird, die den Überstundenkonflikt regelt.

Es geht um zwei Stunden Mehrarbeit pro Tag und Mitarbeiter bis Ende Januar. Ein Konzernsprecher verbreitete unterdessen Optimismus und erklärte, das Management sei ,,sehr zuversichtlich'', dass die Bilanz-Termine eingehalten werden könnten. ,,Aus heutiger Perspektive gibt es keinen Grund anzunehmen, dass die Hauptversammlung verschoben wird'', fügte er hinzu.

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