Cyberpolicen:Versichert gegen Datenklau

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Wenn Dunkelmänner persönliche Daten erbeutet haben, kann es unangenehm werden. Dagegen bieten Versicherungen nun Schutzpolicen an.

(Foto: imago/ITAR-TASS)

Immer mehr Gesellschaften bieten Cyberversicherungen für Privatleute an. Interessant sind vor allem die konkreten Hilfen. Eine Übersicht

Von Nina Nöthling, Köln

Ein Paypal-Konto, dazu mindestens eins bei Bank oder Sparkasse, Zugänge zu Amazon, Facebook und Netflix, die E-Mail. Das sind nur einige der 92 Online-Accounts, die ein durchschnittlicher EU-Bürger hat. Manche sind eher belanglos, so wie der Zugang zum Hundehalterklub oder dem Tennisverein. Aber auf vielen Accounts sind nicht nur unwichtige Informationen gespeichert, sondern auch Kreditkartendaten und Kontonummern. Seit Jahren steigt die Zahl der Hackerangriffe - deshalb ist es kaum verwunderlich, dass Cyberversicherungen nicht nur bei Unternehmen auf mehr Nachfrage stoßen, sondern auch bei Privatleuten.

Eine ganze Reihe von Versicherern bietet inzwischen solche Cyberpolicen für das Privatleben an. Die konkrete Hilfestellung für den Schutz vor Angriffen und nach einem Schaden spielt dabei eine zentrale Rolle, für viele Interessenten ist das wichtiger als der Ersatz des finanziellen Schadens.

Die Police der Bavaria Direkt, einer Tochter der Versicherungskammer Bayern, deckt Verluste durch Online-Shopping und Identitätsmissbrauch ab. Die Datenwiederherstellung gehört zum Leistungsumfang. Außerdem stellt der Versicherer psychologische Beratung für Opfer von Cybermobbing bereit. "Wir arbeiten mit einem Dienstleister zusammen, der auf Cybermobbing spezialisiert ist", sagt Vorstand Martin Fleischer.

So wie die Konkurrenten Advocard - Teil der Generali - und R+V bietet auch die Bavaria Direkt mit der Police Unterstützungs-Leistungen an. Dafür arbeitet sie mit dem Sicherheitsdienstleister CPP zusammen. Kunden erhalten drei Monate lang kostenlosen Zugang zum Online-Sicherheitsprogramm Owl von CPP.

Das Programm durchsucht das sogenannte Darknet nach persönlichen Daten des Kunden. Dort verkaufen und nutzen Hacker die gestohlenen Daten. "Bei der Testgruppe wurden bei 50 Prozent der Teilnehmer Daten im Darknet gefunden", berichtet Fleischer. Die Advocard hat eine ähnliche Kooperation mit dem Dienstleister Affinion. Dessen Programm IDProtect durchsucht täglich das gesamte Internet nach Kundendaten und hilft bei der Löschung von gestohlenen und missbräuchlich genutzten Informationen.

Angst vor Datendiebstahl

"Assistance-Leistungen sind gerade bei Cyber interessant", sagt Peter Grieble, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Nach einer aktuellen Studie des Marktforschungsinstituts YouGov hat jeder fünfte Deutsche Angst vor Datendiebstahl im Internet. Allerdings halten nur sechs Prozent der Befragten Versicherer für kompetent, gut zur Internetsicherheit zu beraten. Verbraucherschützer Grieble hat da mehr Vertrauen: Bevor ein Anbieter eine Police auf den Markt bringt, setze er sich intensiv mit dem Thema auseinander. "Davon können die Privatkunden profitieren", sagt Grieble.

Doch der Verbraucherschützer sieht gleichzeitig sehr kritische Punkte bei den Policen. Zum einem seien die Deckungssummen für manche Schäden zu niedrig, wie für die Löschung von Daten aus dem Internet oder die finanzielle Hilfe nach Cybermobbing. "Wegen 500 Euro muss ich mich normalerweise nicht versichern", sagt Grieble. "Solche Einschränkungen werten die Police ab." Zudem seien manche Risiken wie die psychologische Beratung bereits durch die Krankenversicherung abgedeckt, moniert Grieble.

Bislang waren die Rechtsschutzversicherer wie Advocard oder deren Rivale Arag bei Cyberpolicen für Privatleute vorne, entweder mit Zusatzbausteinen für normale Rechtsschutzverträge oder mit separaten Versicherungen.

Jetzt steigen auch Hausratversicherer ein. Die R+V bietet ab 1. Januar 2018 einen Zusatzbaustein zu ihrer Hausratpolice an. Allerdings sind dabei weniger Leistungen enthalten als in der Cyber-Einzelpolice des Versicherers. "Bei dem Zusatzbaustein haben wir uns auf die wesentlichen Kundenbedarfe konzentriert", erklärt R+V-Cyberexperte Marcus Theess.

Unter anderem können Kunden mit Zusatzversicherung nicht die Sicherheitssoftware McAfee LiveSafe nutzen, die denen mit Einzelpolicen zusteht. "Auf eine teure Sicherheitssoftware haben wir verzichtet, da einige Kunden bereits eine eigene Software installiert haben und diese daher nicht zusätzlich benötigen", sagt Theess. Die psychologische Beratung ist ebenfalls nicht eingeschlossen. Der Baustein ist dafür günstiger als die Einzelpolice. "Er wird unter 50 Euro im Jahr kosten", sagt Theess.

Für die R+V ist Cyber auf jeden Fall ein Zukunftstrend. "Das wird in den nächsten Jahren ein Dauerthema." Gerade durch junge Menschen wird das Thema weiter an Bedeutung gewinnen, sagt er. Sie nutzen nicht nur das Internet vermehrt, sondern sind sich auch der Gefahren eher bewusst.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) beschäftigt sich ebenfalls intensiv mit Cyberversicherungen. Für gewerbliche Kunden hat der Verband Anfang 2017 Musterbedingungen veröffentlicht, die Vertragsinhalte in der Branche standardisieren sollen. Allerdings zweifeln einige Marktteilnehmer daran, dass sie sich durchsetzen. "Der Verband prüft aktuell, ob Cybermusterbedingungen auch für den Privatbereich entwickelt werden", sagt Peter Graß, Leiter des Projekts Cyber beim GDV.

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