Cum und ex:"Dammbruch"

Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans erwartet, dass nach der Hypo-Vereinsbank auch andere Banken reinen Tisch machen.

Von Klaus Ott

Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans redet gerne Klartext, in diesem Fall aber muss er es noch dabei belassen, von "einer Bank" zu sprechen. Schließlich ist das Bußgeldverfahren, das bei der Staatsanwaltschaft Köln läuft, noch nicht abgeschlossen. Also sagt Walter-Borjans, der Schritt "einer Bank" in die richtige Richtung könne einen "Dammbruch" in der Finanzbranche auslösen. Gemeint ist die Hypo-Vereinsbank (HVB), die bei schweren Steuerdelikten reinen Tisch macht und dafür mit knapp 30 Millionen Euro Bußgeld bei den Kölnern Ermittlern sehr gut wegkommt. So ist es besprochen.

Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft hat die HVB, teils mit Geschäftspartnern, den Fiskus beim Handel von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende kräftig ausgenommen. Dass die HVB das zugibt, bringt nach Ansicht von SPD-Mann Walter-Borjans andere Banken in Zugzwang. "Daran sollten sich und werden sich weitere orientieren." Insider aus der Finanzbranche berichten, viele größere und große Geldinstitute aus dem In- und Ausland hätten den deutschen Fiskus mit Cum-Ex-Deals systematisch hintergegangen.

Der Schaden für die Staatskasse, also für die Bürger, soll mehr als zehn Milliarden Euro betragen. Die Cum-Ex-Akteure hatten Ermittlungsergebnissen zufolge eine Gesetzeslücke ausgenutzt und sich eine einmal gezahlte Steuer mehrmals erstatten lassen. Walter-Borjans bezeichnet das als "gemeinste Form der Bereicherung zu Lasten der Allgemeinheit" und lobt die HVB für deren Kooperation. "Jede Bank, die einsieht, dass diese Deals nicht zu einem seriösen Geschäftsmodell gehören, leistet einen wichtigen Beitrag zur Reparatur des ramponiert Banken-Images."

Die HVB hat selbst zur Aufklärung beigetragen; sie hat zusammen mit einem früheren Geschäftspartner 200 Millionen Euro an den Fiskus zurückgezahlt, und sie will gegen drei Ex- Vorstände vorgehen, die solche Deals nicht unterbunden hätten. Einen kräftigen Rüffel des Ministers für die HVB gibt es dennoch. "Wirklich vorbildlich" wäre es gewesen, sagt Walter-Borjans, erst gar nicht "solche Geschäfte auf Kosten des Gemeinwesens zu machen". Die HVB hatte zusätzlich zu den Cum-Ex-Deals auch noch Briefkastenfirmen an Steuerhinterzieher vermittelt.

Andere Banken sind nun nach Ansicht des NRW-Ministers gut beraten, dem Beispiel der HVB zu folgen, ebenfalls Geständnisse abzulegen, die Schäden wieder auszugleichen und Bußgeld zu zahlen. Wer das nicht tut, wer wartet, bis die Behörden ermitteln und bestrafen, für den kann das sehr viel teurer werden. Die Steuerfahnder aus NRW sind national und international gefürchtet. Walter-Borjans sagt, die Fahnder würden "allen Cum-Ex-Spuren konsequent" nachgehen.

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