Cromme-Kommission:Ein schlechtes Vorbild

Die Regierungskommission für gute Unternehmensführung hat kaum Erfolge erzielt - einige Mitglieder torpedieren sogar die eigene Arbeit.

Karl-Heinz Büschemann

Gerhard Cromme wischt die Kritik vom Tisch. Der Aufsichtsratschef von Thyssen-Krupp verstoße gegen seine eigenen Regeln, halten ihm Kritiker vor. Er sei 2001 vom Vorstandsvorsitz des Stahl- und Maschinenbau-Konzerns direkt auf den Sessel des Aufsichtsratsvorsitzenden gewechselt. Damit verstoße er gegen die Prinzipien guter Unternehmensführung und -kontrolle (Corporate Governance), die Cromme in der von ihm geführten Regierungskommission selbst aufgestellt habe. "Die Empfehlung kam erst nach meinem Schritt in den Aufsichtsrat", entgegnet der 65-Jährige auf diese Vorwürfe. Ende der Woche tritt Cromme nun vom Vorsitz der Kommission zurück, die Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im September 2001 eingesetzt hat, um das "Vertrauen der Anleger, der Kunden, der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften zu fördern".

Cromme-Kommission: Gerhard Cromme gibt die Leitung der Kommission ab, Klaus-Peter Müller übernimmt.

Gerhard Cromme gibt die Leitung der Kommission ab, Klaus-Peter Müller übernimmt.

(Foto: Foto: ddp)

Aber auch sein Nachfolger, Klaus-Peter Müller von der Commerzbank, nimmt es mit den Regeln der Kommission nicht so genau. Der hat sich erst Mitte Mai vom Bankchef zum Aufsichtsratsvorsitzenden machen lassen. Da war der Corporate Governance Kodex schon sechs Jahre alt. Bei der Gründung des Gremiums Anfang des Jahrtausends war die Welt der Wirtschaft aus den Fugen geraten. Spektakuläre Betrugsskandale lenkten den Blick auf die mangelhafte Kontrolle großer Unternehmen. In Deutschland gründete die Bundesregierung jene ständige Kommission. Die sollte Regeln und Empfehlungen für die Zusammenarbeit von Vorstand und Aufsichtsrat in den Aktiengesellschaften aufstellen. Seitdem hagelt es Kritik an dem zwölfköpfigen Gremium aus Managern, Aktionärsvertretern, Wissenschaftlern und Gewerkschaftern.

Empörte Vorstände

Viele Vorstände fanden es empörend, dass ihnen eine Kommission ins Handwerk pfuscht. Die Runde, die inzwischen 81 Empfehlungen und 20 Anregungen herausgab, wurde auch von vielen belächelt. Der Schwachpunkt ist: Das Gremium kann keine bindenden Vorschriften machen. Die Unternehmen müssen lediglich mitteilen, welche der Vorgaben sie ignorieren. Einiges wurde jedoch mit dem Regelwerk besser. Schon die schiere Existenz des Kodex hat die Vorstandsetagen zum Nachdenken über die alten Führungsprinzipien gebracht. Die basierten oft auf Klüngelwirtschaft und Mauschelei. Die Kommission hat immerhin erreicht, dass deutsche Aufsichtsräte weniger Mandate horten als früher. "Es ist vieles deutlich besser geworden", sagt Cromme. Die Arbeit von Aufsichtsrat und Vorstand sei heute viel transparenter.

Auch der CDU-Wirtschaftspolitiker Friedrich Merz verteidigt den Kodex: "Er liefert ein Stück Sicherheit für Vorstände und Aufsichtsräte." Aber manches ging schief. Die schlimmste Niederlage erlitt Crommes Kommission, als es um die Veröffentlichung der individuellen Gehälter von Managern ging. Dies empfahl der Kodex, doch ein Viertel der Unternehmen weigerte sich hartnäckig, soviel Offenheit zu zeigen. Da schlug die Regierung zu und machte die Offenlegung mit einem Gesetz zur Pflicht. Die Kommission war als zahnloser Tiger gebrandmarkt.

Und die Unternehmensberatung Heidrick & Struggles kritisiert bei den deutschen Aufsichtsräten trotz der klaren Vorgaben durch die Kommission den Mangel an Unabhängigkeit, die geringe Internationalisierung und das schwache Arbeitsprogramm. Selbst Bundespräsident Horst Köhler bemängelt den Manager-Kodex. Es gebe noch immer "Rundum-Sorglospakete für ausgeschiedene Manager". Manuel Theisen, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, benotet die Arbeit der Kommission mit einer Vier minus. Theisen kritisiert, dass der Kodex, der die Unternehmen vor gesetzlichen Vorschriften bewahren sollte, die Konzerne zur Gesetzestreue ermahnt: "Damit nimmt er sich selbst die Existenzberechtigung."

Schwere Krise

Die Kommission litt von Anfang an darunter, dass sich viele ihrer Mitglieder nicht als Vorbilder aufdrängen. Das jetzt ausscheidende Kommissionsmitglied Rolf E. Breuer, früher Chef der Deutschen Bank, landete vor Gericht, weil er sich öffentlich abfällig über die Bonität des Medienunternehmers Leo Kirch geäußert hatte. Ein kaum zu entschuldigender Fehler für einen Banker. Der frühere BASF-Manager Max Dietrich Kley führte als Aufsichtsratschef den Siemens-Ableger Infineon zweimal in eine schwere Führungskrise und empfahl sich nicht als Galionsfigur für gute Unternehmensleitung. Manche Mitglieder zeigen offen, wie wenig sie von der Kommission halten. Der Porsche-Chef Wendelin Wiedeking unterhöhlt ihre Autorität, weil er sich stur weigert, sein eigenes Gehalt offenzulegen. Und der vom DGB-Vorstand in die Kommission entsandte Dietmar Hexel zieht die gesamte Arbeit der Kommission in Zweifel: "Wirkliche Änderungen kommen nur durch Gesetze."

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