Concorde:Ein Symbol von nationaler Größe

Ausgerechnet am Gedenktag für die 113 Opfer des Concorde-Absturzes vor einem Jahr ist die Diskussion über die Wiederaufnahme des Flugbetriebes losgebrochen.

Gerhard Bläske

(SZ vom 26.7.01) - Es ist gerade ein Jahr her, dass das Überschallflugzeug Concorde über einem Vorort von Paris abgestürzt ist. Kurz darauf wurde der Concorde bis zur Klärung von Unfallursache und notwendiger technischer Änderungen die Flugerlaubnis entzogen.

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Das Symbol nationaler Größe hebt ab.

Ausgerechnet an diesem Gedenktag für die 113 Opfer, derer in verschiedenen Trauerveranstaltung am Absturzort und in Paris gedacht wurde, haben Fluggesellschaften, französischer Staat, aber auch die Hersteller mit Macht die Diskussion über die Wiederaufnahme des Flugbetriebes losgetreten.

British Airways will das Überschallflugzeug möglichst noch im September wieder fliegen lassen, Air France kurz darauf.

Wirtschaftlich unbedeutend

Es ist nicht so, dass die beiden einzigen Fluggesellschaften, die die Concorde im Einsatz haben, auf eine schnelle Wiederaufnahme des Flugbetriebes wirtschaftlich angewiesen wären.

Die Briten kostet der Ausfall pro Quartal 33 Millionen Euro, die jedoch zu einem Großteil kompensiert werden durch ein Ausweichen von Passagieren auf die erste Klasse der "normalen Verbindungen" zwischen London und New York.

Die Air France gibt die Auswirkungen auf ihr Jahresergebnis mit 35 Millionen Euro und den Umsatzausfall mit 120 Millionen Euro an, wobei auch hier eine neu eingerichtete Verbindung von Paris nach New York am frühen Morgen einen Großteil der Ausfälle ausgleicht.

Es sind eher Prestigefragen, die die Fluggesellschaften auf eine Wiederaufnahme der Verbindung drängen lassen. Vor allem Geschäftsleute und Prominente aus der Show- und Sportwelt nutzten die 14.000 DM teure und wegen der engen Bestuhlung relativ unbequeme Verbindung gern: Nach nur drei Stunden Flug konnten sie bei einem Abflug um elf Uhr in Paris um neun Uhr Ortszeit in New York ankommen.

Gerade eben rentabel

Wirtschaftlich hingegen war die Concorde wegen ihres hohen Treibstoffverbrauchs, der damit bedingten geringen Reichweite, einer mit hundert Sitzplätzen geringen Kapazität, aber auch wegen eines enormen Wartungsaufwandes operativ gerade eben rentabel.

Aber wirtschaftliche Faktoren waren bei diesem in den technikgläubigen 60er Jahren aus politischen Gründen gewünschten Projekt, dass Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Jean-Claude Gayssot noch heute als "eine der größten technischen Leistungen des 20. Jahrhunderts" bezeichnet, nie entscheidend.

Es war ein gigantischer Flop: Statt der avisierten 150 Flugzeuge wurden letztlich nur 16 gebaut, von denen jetzt noch zwölf (davon sieben bei den Briten) existieren.

Die Entwicklungskosten von angeblich allein 3,5 Milliarden DM bei den Franzosen wurden praktisch in den Sand gesetzt.

Noch ist nicht sicher, ob die Termine für die Wiederaufnahme des Flugbetriebes einzuhalten sind. Erstens sind die nötigen Änderungen - neue, angeblich praktisch nicht platzbare Reifen von Michelin, eine Auskleidung der Innenseite der Tanks mit Kevlar, um ein Austreten von Kerosin zu verhindern sowie besser isolierte Leitungen - noch nicht bei allen Flugzeugen ausgeführt worden.

Zweitens stehen noch die Genehmigungen der zivilen Luftfahrbehörden, die die Modifikationen absegnen müssen, aus.

Unentgeltliche Mitarbeit

Bei der EADS, in deren Tochter Airbus die damaligen britischen und französischen Herstellerfirmen aufgegangen sind, haben hundert Ingenieure und viele ehemalige Concorde-Besatzungsmitglieder zum Teil unentgeltlich und monatelang an den Modifikationen des Flugzeuges gearbeitet.

In Frankreich ist die Concorde immer noch ein Symbol nationaler Größe, das man nicht einfach sang- und klanglos beerdigt.

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