Commerzbank:Strafzinsen aus Frankfurt

Metro sign stands in front of the headquarters of the Commerzbank AG in Frankfurt

Die Commerzbank hat als erste große Bank zugegeben, dass sie Negativzinsen einführt.

(Foto: REUTERS)
  • Als erstes großes Institut gibt die Commerzbank zu, Negativzinsen auf Einlagen von Konzernen einzuführen. Privatkunden sind nicht betroffen.
  • Der Strafzins soll dann fällig werden, wenn Großkonzerne offensichtlich Geld bei der Bank parken.
  • Nach Informationen der SZ ist die Commerzbank nicht das einzige große Institut in Europa, das Strafzinsen für Konzerne erwägt.

Von Harald Freiberger, Frankfurt

Der Strafzins, den deutsche Banken für Einlagen von Kunden verlangen, schlägt immer höhere Wellen. Als erstes großes Institut hat am Donnerstag die Commerzbank zugegeben, dass sie Negativzinsen einführt. Teuer wird es zunächst aber nicht für Privatkunden, sondern für Unternehmen: Erhoben werden sollen die Negativzinsen für Guthaben großer Konzerne und institutioneller Investoren wie Versicherungen.

Und auch dann nur, wenn es sich um kurzfristige Einlagen in mindestens zweistelliger Millionenhöhe handelt. Privatkunden und Mittelständler seien nicht betroffen, teilte die Bank mit. Als große Firmenkunden werden bei dem Institut Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 250 Millionen Euro eingestuft.

Stockende Kreditvergabe ist das zentrale Problem der europäischen Wirtschaft

Schon seit Wochen gibt es Gerüchte, dass Banken in Deutschland von großen Unternehmen für kurzfristig angelegtes Geld Strafzinsen verlangen. So hatte sich zum Beispiel die Baumarktkette Hornbach geäußert, ohne den Namen der Bank zu nennen. Die Commerzbank ist nicht der erste Fall dieser Art.

Vor zwei Wochen teilte die Deutsche Skatbank, die Internettochter einer Genossenschaftsbank in Thüringen mit, dass sie von Privatkunden mit einem angelegten Betrag ab drei Millionen Euro einen Negativzins von 0,25 Prozent erhebt.

Geschäftsbanken in Europa müssen seit Juni ihrerseits bei der Europäischen Zentralbank (EZB) einen Strafzins für kurzfristig geparktes Geld bezahlen. Dieser lag ursprünglich bei 0,1 Prozent, mittlerweile wurde er auf 0,2 Prozent erhöht. Mit dem Vorgehen will die EZB die Banken dazu anreizen, überschüssiges Geld als Kredit an die Wirtschaft zu verleihen, statt es bei der Notenbank zu parken. Die stockende Kreditvergabe ist das zentrale Problem der europäischen Wirtschaft.

Doch die Adressaten dieser Politik sind empört. "Jetzt zeigen sich die Nebenwirkungen der aktuellen Geldpolitik in Europa", sagte Martin Wansleben vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Statt Investitionen zu fördern, führe der negative Einlagenzins nun zu weiteren Belastungen für die Wirtschaft.

"Jede Geschäftsbank sollte sich überlegen, ob sie den Schritt geht, Strafzinsen auf Einlagen zu verlangen", sagte Lutz Goebel, Präsident des Verbandes "Die Familienunternehmer". Eine gesunde Bank werde davon sicherlich Abstand nehmen.

"Wer zu uns kommt, wird nicht bestraft"

Umstritten ist in der Finanzbranche, ob Negativzinsen irgendwann auch für Privatkunden mit geringerem Vermögen fällig werden könnten. Die Banken und ihre Verbände weisen das weit von sich. "Negativzinsen auf Spareinlagen wird es bei Sparkassen nicht geben", sagte etwa Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon.

Auch Hypo-Vereinsbank-Chef Theodor Weimar schloss negative Zinsen aus, solange er an der Spitze der Bank stehe: "Wer zu uns kommt, wird nicht bestraft." Beim privaten Bankenverband BdB heißt es: "Der intensive Wettbewerb der Kreditinstitute spricht gegen Negativzinsen im Privatkundengeschäft."

Branchenkenner Max Herbst von der Finanzberatung FMH, die im Internet Bankkonditionen vergleicht, sagt: "Es dürfte Jahre dauern, bis Einlagen unter 250 000 Euro betroffen sein werden." Spareinlagen bis 100 000 Euro hält er für gänzlich ungefährdet.

Strafzinsen für Konzerne, die Geld parken

Nach Informationen der SZ ist die Commerzbank nicht das einzige große Institut in Europa, das Strafzinsen für Konzerne erwägt. "Alle Großbanken tauschen sich mit ihren Großkunden darüber aus, wie sie angesichts der Negativzinsen der EZB mit kurzfristigen Einlagen umgehen", sagte ein Insider.

Es sei eine "betriebswirtschaftliche Selbstverständlichkeit", dass Banken die Negativzinsen bei hohen, teilweise dreistelligen Millionen-Summen auf Dauer nicht selbst tragen könnten. Ein Beispiel: Für kurzfristige Einlagen von 100 Millionen Euro muss eine Bank der EZB derzeit im Jahr 200 000 Euro zahlen. Ob und wie die Strafzinsen weitergegeben werden, hängt vom Einzelfall ab. Je mehr Geschäft eine Bank mit einem Unternehmen macht, umso geringer dürfte ihre Neigung sein, den Strafzins weiterzugeben.

Entsprechend äußert sich auch die Commerzbank. Sie werde "für hohe, aus überschüssiger Liquidität bei uns geparkte Einlagen eine Guthabengebühr berechnen". Dabei nehme sie besondere Rücksicht "auf die Liquiditätsbestände der Kunden, die für den laufenden Geschäftsbetrieb notwendig sind".

Damit ist gemeint, dass der Strafzins für Großkonzerne dann fällig wird, wenn sie offensichtlich Geld bei der Commerzbank parken. Ein Unternehmen, das aber zum Beispiel stets 100 Millionen Euro Liquidität für Gehälter, Betriebsrenten und Rechnungen vorrätig halten muss, soll nicht bestraft werden.

Bei der Deutschen Bank heißt es, sie plane "derzeit nicht, im breiten Kundengeschäft Gebühren für Einlagen einzuführen". Kunden mit hohem Einlagebedarf biete man Alternativen an, zum Beispiel Festgeld.

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